Mai
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(erschien in: Fachschaftsreferat des AstA FU Berlin (Hg.): Reader zum kritischen Hochschultag am 23.5.2001, S. 2 - 11 und 111ff.)

Die Gesellschaft erscheint nicht als das, was sie ist. Wissenschaftliche Erkenntnis unterscheidet sich von Alltagsevidenz. Deshalb bedarf es einer eigenen Wissenschaft von der Gesellschaft. Bei genauerer Beschäftigung mit dieser Wissenschaft bzw. mit ihren verschiedenen »Ansätzen« zeigt sich aber: Viele sozialwissenschaftliche Publikationen sitzen den üblichen scheinhaften gesellschaftlichen Selbstbeschreibungen auf. Selbst namhafte Autoren reproduzieren Bewußtseinsformen, die der gegenwärtigen Gesellschaft immanent sind, statt sie zu analysieren. Ich konzentriere mich im folgenden auf eine sehr weit verstandene Soziologie nicht aus Gründen einer Überschätzung der Fachdisziplin. Zu konstatieren ist vielmehr, daß viele soziologische Konstruktionen in andere Fächer hineindiffundiert sind: in die Politologie, die Erziehungswissenschaft, die Psychologie, Publizistik und Germanistik. Auch wenn es um die Soziologie als Fachdisziplin schlechter steht als in den 70er Jahren, so sind aktuell doch soziologische Deutungsmuster in anderen Fächern und auch in der öffentlichen Diskussion weit verbreitet. [1] Viele dieser Konstrukte stellen die Verdoppelung eines Bewußtseins dar, das zwar in den bestehenden Verhältnissen pragmatisch funktionieren mag, sie aber nicht erkennt. Hypostasierungen, Kontextausblendungen, formelle Abstraktionen, Übergeneralisierungen usw. lassen sich aufweisen. Ein solches Denken trägt zur Herrschaft von ›Sachzwängen‹ bei, indem es sie als erklärungsunbedürftig setzt, als im wesentlichen (bei allen akzidenziellen und ornamentalen Modifikationen) unantastbare Randbedingung jedweder Existenz, als vielleicht bedauerlich aber sicher unumgänglich. Diese Anerkennung sei der zu bezahlende Preis für den Genuß moderner »Errungenschaften«. Auch die Ideale, die in den Sozialwissenschaften grassieren und in die Auffassung von den Vorzügen »der modernen Gesell-schaft« oder gar »der Moderne« eingehen, entstammen unbewußt jener Gesellschaft, der sie vermeintlich Orientierung geben sollen. [2] Ohne hier auf Freud zurückgreifen zu müssen, vermag die Kritik der vorherrschenden soziologischen Selbstbeschreibungen von Gesellschaft deren gesellschaftliches Unbewußte zu zeigen. Es geht also weder vorrangig um Auftragsdenker, soviel Denker im öffentlichen Dienst es faktisch gibt, noch um Anpassung [3] oder gar um Verfälschung von Ergebnissen bzw. Käuflichkeit von Experten, soviel es auch davon gibt (vgl. zu letzterem Bultmann, Schmithals 1994). Ebensowenig geht es der hier skizzierten Wissenschaftskritik um die subjektive Konfusion von Autoren. Vielmehr ist zu zeigen, wie die Hypostasierungen und Ausblen-dungen an realen Phänomenen der bestehenden Gesellschaft anknüpfen, diese dann aber nicht auf die gesellschaftlichen Verhältnisse und Strukturen beziehen, sondern ihr Objekt (sei es nun »Kommunikation«, »Werte«, »Technik« oder anderes) unmittelbar bedenken. Das so von isolierten Phänomenen ausgehende Denken verwickelt sich in eigene Konstruktionszwänge. [4] Zwischen den unmittelbar aufgenommenen Wirklichkeitsfragmenten soll dann Zusammenhang gestiftet werden, indem das Getrennte als Getrenntes miteinander relationiert wird. (Hegel hat dies als Verstandes- oder Reflexionsdenken kritisiert). Die bestehenden Geistes- und Sozialwissenschaften betreiben oft nur elaborierter ein Geschäft, das schon immer den Journalismus kennzeichnete: »Wirklichkeit wird serviert in nicht zutreffenden Happen, so wahr sie einzeln auch sein mögen. In dieser Realitätssüchtigkeit geht der Wirklichkeitssinn verloren.« Einzelne Daten, Zahlen und Fakten werden losgelöst, ja losgeeist, statt sie auf die Gesellschaftsstruktur zu beziehen (Schandl 1997/4). Nicht im trivialen Sinne, in dem jede(r), wirklich jede(r) den ganzen Tag über denkt [5], sondern im emphatischen Sinne läßt sich also, wie in der Überschrift dieses Beitrags behauptet, über spezifische wissenschaftliche Argumentationen sagen, daß sie »nicht denken«, bei allem Aufwand, der für’s Reflektieren getrieben wird. Wieder etwas anderes wäre es, wie Heidegger d e r Wissenschaft per se (im Unterschied zu seiner Philosophie) zuzuschreiben: »Die Wissenschaft denkt nicht.«

Ich habe anfangs den Schein, den die gesellschaftlichen Verhältnisse aus sich heraus hervorbringen, als unbefragten Ausgangspunkt von deshalb zu kritisierender Wissenschaft einfach thetisch eingeführt und will nun skizzieren, was es mit diesem Schein auf sich hat. Damit wird auch die Intervention deutlich, die Wissenschaftskritik darstellt. Die in der gegebenen Gesellschaft naheliegende Selbstbeschreibung der Gesellschaft besteht darin, daß sie a l l e i n als modern gilt, was sie a u c h ist. Die kapitalistische Ökonomie erscheint als Teilmenge einer alternativenlosen Moderne. Ebenso werden der Moderne die mit der kapitalistischen Ökonomie einhergehende Weise der Vergesellschaftung und die Konstitution der verschiedenen Sphären der Gesellschaft zugeschlagen. Übergangen und ausgeblendet wird so, wie die Moderne kapitalistisch überformt und konstitutiv durchdrungen ist. Die soziologischen Beschreibungen der Moderne sind nicht einfach falsch oder parteilich, sondern schlecht abstrakt, d.h. sie wissen die Grenze nicht, innerhalb derer sie angemessen sind. (Vgl. zu dieser Konstellation Creydt 2000).

Die Hauptthese der kapitalistischen Überformung bzw. konstitutiven Durchdringung der Moderne läßt sich in drei Unterthesen konkretisieren. Mit diesen drei Thesen charakterisiere ich den Unterschied zwischen einer allein die moderne Gesellschaft diagnostizierenden Soziologie und einer den Kapitalismus begreifenden Gesellschaftstheorie. (Wer diese spezifische Begründung von Wissenschaftskritik übergehen will und sich erst eimal für die Charakterisierung der hier vorgeschlagenen Wissenschaftskritik interessiert, kann den Rest von diesem Absatz und die folgenden drei Absätze überschlagen.) Erstens ist Komplexität ein Begriff, der in der Soziologie dazu dient, alle möglichen gesellschaftlichen Organisationen, Institutionen und Strukturen dadurch gutzuheißen, daß ihnen die Funktion zugeschrieben wird, Komplexität zu reduzieren. Der Entropie wird also gewissermaßen Form abgerungen. So der soziologische mainstream. Mit der Marx’schen Kapitalismustheorie läßt sich nun diese Komplexität anders anbinden: Aus spezifisch kapitalistischen Gründen (Arbeit als Gelegenheit zur Mehrwertabschöpfung, Bedürfnisse als Gelegenheit, solche Arbeiten ins Werk zu setzen und dementsprechende Produkte zu verkaufen) werden Produkte und Dienstleistungen produziert, die nutzlos sind oder problematische Bedürfnisse befriedigen. Problematisch sind Bedürfnisse bspw. dann, wenn sie Mängel unterstellen, die in der Gesellschaft entstehen, in ihr auch gesellschaftlich behoben werden könnten, aber bestehen bleiben, weil gerade unter Bedingung der Nichtbearbeitung der Gründe der Mängel und Probleme sich neue Angebote anbieten lassen. Das Bruttosozialprodukt steigt dann bspw. mit dem Verkauf von individuell zu erwerbenden Autos, obwohl das Verkehrsproblem ökonomischer und ökologischer gelöst werden könnte durch einen Verbund von Bahnen, Nahverkehrsmittel, Sammeltaxis, Stadtautos usw. Das Bruttosozialprodukt steigt auch, wenn Produkte früher verschleißen als nötig (Beispiel: Pfusch am Bau). Viele Produktionszweige erweisen sich auch unter dem Gesichtspunkt der in ihnen erzeugten Gebrauchswerte als hoch spezifisch auf die Zwecke kapitalistischer Verwertung bezogen und aus ihnen begründet. Hierzu zählt neben der Landwirtschaft die Nahrungsmittelindustrie (s. bspw. Klopfleisch, Maywald 1989), die Pharmaindustrie [6], die Autoindustrie [7], die Chemieindustrie (vgl. Fischer 1993), die Werbebranche [8], die Raumfahrtindustrie und die Bauindustrie [9]. Probleme werden in der kapitalistischen Gesellschaft nicht an Ort und Stelle bearbeitet. Dies erhöht die Komplexität aus kapitalistischen Gründen über jenes Maß an Komplexität hinaus, das in modernen Gesellschaften mit hoher Arbeitsteilung und langen Handlungsketten notwendig ist. Der Konkurrenz geschuldete parallele Arbeiten, die aus der Unterwerfung der Arbeitenden unter das Kapital begründeten Kontrollen und Spaltungen, die Produktion von Gütern, die Schäden mit sich bringen oder unterstellen, die Kompensation negativer Effekte der nachträglichen Koordination auf dem Markt und anderes mehr schaffen einen Überschuss an Komplexität, der in einer anderen Gesellschaft wegfallen könnte.

Die zweite Unterthese zum Unterschied zwischen einer soziologischen und einer kapitalismustheoretischen Analyse der bestehenden Gesellschaft lautet, daß mit der kapitalistischen Absorption von Reichtum Potentiale und Ressourcen gebunden werden, die für eine menschenfreundlichere Gestaltung der Gesellschaft, der Arbeiten, der Technik usw. benötigt würden. Soziologen beschreiben zwar richtig Notwendigkeiten der modernen Technik und Organisationen, der Arbeitsteilung und Spezialisierung, sie beschreiben richtig die notwendigen rechtlich-bürokratischen Ausfilterungen konkreter Belange in »Massengesellschaften«. Was sie ausblenden, ist der Reichtum, der im Kapitalismus zwar entsteht, aber fehlspezifiziert verwendet wird, ein Reichtum, der zur Bearbeitung bzw. Abmilderung der Probleme der Moderne aufgewandt werden könnte. Zu diesem Reichtum gehört auch die Mobilisierung der Fähigkeiten und Sinne von Millionen Menschen, die zwangsweise arbeitslos sind. Ein Widerspruch des Kapitalismus besteht darin, die notwendige Arbeitszeit zu verkürzen durch die Rationalisierung der Arbeit und die Steigerung ihrer Produktivität. Zugleich geschieht diese Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit nur zu dem Zweck, mehr produzieren zu können an Waren, die in ihrer Produktion hohe Rendite abwerfen. Es entsteht so nicht eine Gesellschaft des Überflusses, sondern des Überflüssigen, der überflüssigen Waren und Arbeiten. Auch die Ökologieproblematik ist davon betroffen, wenn (s. wieder das Beispiel Auto) Ressourcen vergeudet und unnötiger Müll produziert wird.

Eine dritte Unterthese zum Unterschied zwischen moderner und kapitalistischer Gesellschaft lautet, daß im Kapitalismus trotz anderer Zwecke und Gründe der herrschenden Kapitalakkumulation Möglichkeiten und Kräfte entstehen für eine andere Gesellschaft. Dies gilt nicht nur quantitativ, sondern gerade auch qualitativ. Es entstehen in der Technik im Kapitalismus nicht bzw. wenig ausgeschöpfte Möglichkeiten für eine Gestaltung der Arbeit, in der sie nicht als bloß inkaufzunehmendes Mittel für den Konsum gilt, sondern selbst als Entfaltung von Fähigkeiten in der Bearbeitung von Welt möglich wird (vgl. dazu Creydt 2000/176ff.). Es entstehen Motive und Fähigkeiten dafür, mit den eigenen Fähigkeiten anders zu arbeiten als im Kapitalismus nötig und möglich. Es entstehen Motive, Kräfte und Möglichkeiten für einen anderen Bezug von Konsumenten und Produzenten aufeinander, in der die Gleichgültigkeit beider Gruppen gegeneinander überwunden wird. [10] Es entsteht ein Widerspruch zwischen der Warenzirkulation als Zusammentreffen gegeneinander Gleichgültiger und Unabhängiger einerseits und der zunehmenden Vernetzung von Betrieben und ihren relativ stabilen Beziehungen zu Hunderten von Zuliefererbetrieben andererseits. Das Tabu des Privateigentums steht der Organisation dieser Beziehungen in direkter Kommunikation entgegen. Es entsteht ein Widerspruch zwischen dem Bestreben, durch Kommunikationstechnologie möglichst viel Information zugänglich zu machen einerseits, dem Zwang für kapitalistische Einzelbetriebe andererseits, wegen der Konkurrenz Information zurückzuhalten. [11] Es entsteht ein Widerspruch zwischen der möglich werdenden selbstorganisierten horizontal verlaufenden Kommunikation und der aus kapitalistischen Gründen (der Kontrolle unbotmäßiger Arbeitskräfte) für notwendig erachteten Hierarchie. [12]
Die gängigen Sozialwissenschaften übergehen nicht nur das kapitalistisch begründete Übermaß an Komplexität, nicht nur den Überschuß an überflüssigen Arbeiten und Ressourcen›nutzungen‹, sondern auch den Doppelcharakter des Kapitalismus, die in ihm entstehenden Möglichkeiten für eine andere gesellschaftliche Synthesis. (Ich bin allen drei Thesen im Unterschied zum hier knapp bemessenen Raum ausführlich nachgegangen in Creydt 2000.)

Indem die Sozialwissenschaften den Unterschied zwischen Moderne und Kapitalismus nivellieren sowie den Kapitalismus als Teilmenge der Moderne interpretieren, schreiben sie dem Kapitalismus eine Rationalität zu, die er nicht hat, und machen die allein nurmehr modern erscheinende Gesellschaft zum Sachzwang. Eine solche Sozialwissenschaft verliert das in der Wirklichkeit einheitsstiftende Band des Kapitalismus aus den Augen und muß auch deshalb an isolierten Phänomenen ansetzen und künstliche Zusammenhänge jenseits des stummen Zwangs der Kapitalakkumulation stiften. Wir sehen: Es geht bei der Wissenschaftskritik nicht um Details, sondern um die Zerstörung von Vernunft. Wenn das Geld als »Kommunikationsmedium« verstanden, der Markt als Koordination dezentralen Wissens firmiert und die gegenwärtig vorherrschende Technik als gesellschaftsneutral, dann ist mehr faul als eine Stelle hinterm Komma. Die soziologische Vernichtung von Vernunft beschränkt sich aber nicht nur auf die Diagnose des Existierenden, sondern tangiert auch das Sein-Sollende. Wenn ›Werte‹ die gesellschaftliche ›Integration‹ sichern sollen, wenn die ›Lebenswelt‹ unabhängig vom ›System‹ dies zivilisieren soll usw., dann zeigt sich zum Gestaltungspessimismus die utopistische Kehrseite. Der Gestaltungspessimismus ontologisiert gesellschaftliche Institutionen zur zwar modifizierbaren, aber im wesentlichen nicht veränderbaren Struktur, zum Sachzwang usw. Der Utopismus lädt bestehende gesellschaftliche Phänomene so mit eigentlich vorhandener und nurmehr umzusetzender »Kreativität«, »Lösungskompetenz« und »Emanzipationspotential« auf, daß überall hoffnungsvolle »Perspektiven« entstehen. Faktizitätsblinder Idealismus und tatsachenbegeisterter Realismus koexistieren nicht nur, sie bilden zwei Seiten einer Medaille (vgl. zu dieser Konstellation Creydt 2000). Wolf-Dieter Narr fragt angesichts solchen Denkens: »Wieviel Entwirklichung kann sozialwissenschaftliche Theorie ertragen?« (Narr 1994). Diese Entwirklichung erfährt keinen Abbruch, sondern vielmehr Verstärkung dadurch, daß »reflexionshaltige, an Reflexion appellierende Formulierungen haufenweise auf(treten). Fast verheddert man sich darin oder spürt zuweilen die Gefahr, daß Reflexion zur Geste wird, zum Als-ob« (Narr 1991/ 224).

Glücklicherweise handelt es sich beim Unternehmen der Wissenschaftskritik nicht um ein erst in Angriff zu nehmendes Projekt. Vielmehr liegen zu ihm aus den letzten 30 Jahren eine Fülle gut verständlicher Artikel und Bücher vor, die die notwendige Wissenschaftskritik leisten und an die sich anknüpfen läßt. Meines Wissens hat noch niemand den (unten in einem ersten Anlauf vorliegenden) Versuch unternommen, diese Schätze zu sichten, zu ordnen und gesammelt zu vergegenwärtigen.

Geachtet wurde bei der Auswahl der Texte darauf, daß die Kritik an den Stoffen der Wissenschaft und sich auf sie einlassend geschieht, es sich also um keine äußere Kritik handelt. Es »muß die Widerlegung nicht von außen kommen, d.h. nicht von Annahmen ausgehen, welche außer jenem System liegen, denen es nicht entspricht. Es braucht jene Annahmen nur nicht anzuerkennen; der Mangel ist nur für den ein Mangel, welcher von den auf sie gegründeten Bedürfnissen und Forderungen ausgeht. … Die wahrhafte Widerlegung muß in die Kraft des Gegners eingehen und sich in den Umkreis seiner Stärke stellen; ihn außerhalb seiner selbst anzugreifen und da Recht zu behalten, wo er nicht ist, fördert die Sache nicht« (Hegel Bd. 6, 250). Zugleich gilt: Kritik über Detailwidersprüche kommt dem Kritisierten nur entgegen, ermöglicht es ihm, sich in der Auseinandersetzung über Kleinigkeiten zu profilieren. Den kritischen ›Punkt‹ kann man nicht durch punktuelle Kritik treffen. Gelingt es der Kritik nicht, den Kern des jeweiligen Konstrukts zu treffen und nicht nur seine Schranken, so widerlegt sie nichts, sondern weitet das Kritisierte nur aus und erhöht seine Elastizität. Sie bekämpft dann den Drachen nicht, sie trainiert ihn. Die Wissenschaftskritik hat Sorge dafür zu tragen, daß die Kritik nicht in der Rezeption aufgeht, wie es oft geschah und geschieht. Dann mißrät jede Kritik zur kritischen Rezeption, bei der das ›kritisch‹ vergeht und die Rezeption übrigbleibt.

Abzulehnen ist eine Herangehensweise, die theoretische Konzepte, die allein im Kontext der Theorie zu begreifen wären, vom eigenen Verstand her auffüllt und Begriffe zu Schlagworten mißraten läßt, um sie dann beliebig traktieren zu können. Zugleich gilt aber für die Wissenschaftskritik: »Viele Fehler … entstehen dadurch, daß man die Redenden nicht oder zu wenig unterbricht. So entsteht leicht ein trügerisches Ganzes, das, da es ganz ist, was niemand bezweifeln kann, auch in seinen einzelnen Teilen zu stimmen scheint. Obwohl doch die einzelnen Teile nur zu dem Ganzen stimmen« (Brecht 1972/106). »Philosophen werden meist sehr böse, wenn man ihre Sätze aus dem Zusammenhang reißt. Meti empfahl es. Er sagt: Sätze von Systemen hängen aneinander wie Mitglieder von Verbrecherbanden. Einzeln überwältigt man sie leichter. Man muß sie einzeln der Wirklichkeit gegenüberstellen, damit sie erkannt werden« (Brecht 1971/59, vgl.a. 51).

Daß manche der unten angeführten Texte zur Wissenschaftskritik, deren Lektüre ebenso zu empfehlen ist wie die Verbreitung der in ihnen enthaltenen Argumente, schon vor etwas längerer Zeit verfaßt wurden, sollte niemand irritieren. Auch in der Gesellschaftstheorie wird das Rad nicht jeden Tag neu erfunden. Niemand sollte sich vom Aktualitätsfetisch einschüchtern lassen, der die Vergegenwärtigung der Gegenwart verstellt. Was als neu funkelt, sind oft nur Neuadaptationen vergangenen Denkens. Das neue Arrangement verdeckt die Fortdauer alter Denkformen. Als wäre im Feld der Gesellschafstheorie unendlich viel Verschiedenes denkbar, werden dauernd neue Paradigmen hervorgezaubert, nicht zuletzt, um innerhalb der Konkurrenz Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Oft handelt es sich dabei eher um Fortschritte in der Terminologie als um solche in der Erkenntnis.

Dem in der Unmittelbarkeit verfangenen Bewußtsein liegt es nahe, Neuerungen zu totalisieren. Die jeweilige Zeit wird nach der gerade neuen Technologie charakterisiert (z. B. Atom- oder Informationszeitalter) oder soziologische Zeitdiagnosen diffundieren in das Alltagsbewußtsein der gebildeten Stände und führen zu Selbstverortungen in der »Risiko«- oder »Erlebnisgesellschaft«. Die Schnellebigkeit dieser als ultimativ geltenden Selbstthematisierungen stellt in vielen Fällen eine Fehlabsorption von Bewußtsein und Gedankenarbeit dar und überdeckt vor lauter prunkender und einschüchternder Novität die nicht zu gering zu veranschlagenden Momente des Alten, das im Gewande des Neuen daherkommt. Das Neue erhält einen ungerechtfertigten Bonus: »Als sei keine Stelle des Lebens so gut, daß sie nicht jederzeit verlassen werden könnte. Die Lust am Anderssein entführt, oft betrügt sie. Doch aus dem Gewohnten treibt sie allemal hinaus. Ein Neues soll kommen, das mit sich nimmt. Die meisten reizt schon der leere Unterschied zum Bisher, die Frische, gleichviel zunächst, was ihr Inhalt ist« (Bloch 1976 Bd.1/44). [13] Die Aktualität erstickt die Gegenwart.

Es »führt das Gebot, Neuheiten zu bringen, zu einer ähnlichen Umkehrung, zu einer mechanischen Wiederholung des Alten, wie man dies seit einigen Jahren auf dem französischen Ideologiemarkt verfolgen kann, wo jeder Sprung nach rückwärts bei der Exhumierung der Vorfahren sich als die Neuentdeckung der Saison ausgibt. [14] … Wenn man in der Kultur systematisch Partei für das ›Neue‹ ergreift, ist man noch kein Neuerer, sondern ein Anfänger« (Debray 1981/131f.). Der Eifer der Produzenten von Wissenschaftswaren trifft an der Uni auf Studenten, für die das ›angesagt‹ ist, was angeboten wird. Da der Zeitgeist erst mit der Zeit auf den Geist geht, bildet sich zunächst einmal jeweils eine begierige Abnehmerschaft für die gerade aktuellen talking-pieces. Die Norm-Suggestion, die vom als neu Erscheinenden ausgeht, erschöpft sich erst nach dem Erleben verschiedener aufgeregt als Paradigmenwandel ausgestellter Produktinnovationen. »Die Jugend überschätzt das Neueste, weil sie sich mit ihm gleichaltrig fühlt« (Musil 1978/852).

Ich klammere den Wissenschaftsbetrieb im engeren Sinne aus, die eigenen Bräuche, die institutionalisierten Zwänge und Karrierewege sowie die dazu gehörigen Formen der Subjektivität und des Habitus und das schon daraus sich erklärende Denken von Wissenschaftlern und solchen, die es werden wollen. Vgl. dazu auch Margherita v. Brentano (1987/23f.), ehemals Professorin für Philosophie an der FU, über die Sozialisation im »Mittelbau« der Universitäten bei vorherrschender »Protektionswirtschaft« und durch sie bewirkter »selbstverschuldeter Unmündigkeit. Daß auch andere Leute als diejenigen, die an einem Professor hängen, eine Chance bei Bewerbungen haben, daß es einigermaßen objektiv zugeht, das ist im Moment sehr, sehr schwierig. … Erst muß man so sein, daß keiner etwas auszusetzen hat; und ob sie es dann schaffen, sich als Professor später freizuschwimmen, ist fraglich.« Vgl. auch zu den entsprechenden Habitus- und Arrivierungsformen im universitären Milieu ebenso treffend wie amüsant Schmidt 1995/121ff. und Steinfeld 1991. Vgl. zur Max-Planck-Gesellschaft und zur Deutschen Forschungsgemeinschaft Narr 1996. Ich klammere auch die Lehre als eigene didaktische oder undidaktische Veranstaltung aus. Vgl. zur Evaluation der Lehre auch Narr 1992. Ganz ungerührt schildert Grünberger (1981/65), wie sich auch angesichts der »immens anschwellenden Veröffentlichungsfluten« »Verfahren« herausbilden, »die mit Wahrheit so gut wie nichts mehr zu tun haben. … Reputation tritt an die Stelle von Wahrheit … Sie bemißt sich nach Bekanntheit, Einfluß und Disposition über Kontakte, Beziehungen auch und gerade außerhalb der Wissenschaft. … Reputation hat ihre Quellen nicht notwendig im Wissenschaftssystem selbst. Sie geht auch nicht notwendig mit wissenschaftlicher Qualifikation einher …«

Die hier vorgestellte Wissenschaftskritik unterscheidet sich auch von Stilkritik, konzentriert sich auf den Gehalt des Denkens und fertigt ihn nicht mit dem ebenso wohlfeilen, pseudo-überlegenen und altklugen Urteil ab, was für schlechte Stilisten Wissenschaftler doch abgäben. Diese schöngeistige Kommentierung legt sich keine Rechenschaft ab von den Unkosten hübsch und brilliant, gewissermaßen eher blendend als einleuchtend gestalteter Essayistik [15]: »So scharfsinnig ihre Argumente sind, das Ganze ist meist noch um eine Spur besser gesagt als gedacht. … Die Sprache, die funkelnde, wendige Rhetorik läuft den durchtrainierten Schreibern stets rasch über die ungestalten Probleme weg davon zu pointenflinken Schlüssen, die sich endgültig geben und es doch gar nicht sind. Sie können, scheint es, gar nicht mehr so langsam, so zäh und mühselig schreiben, wie heute allein noch gedacht werden darf« (Peter v. Matt 1993).

Es geht in der hier skizzierten Kritik um »ein menschliches Verhalten, das die Gesellschaft selbst zu seinem Gegenstand hat.« Es geht diesem Verhalten nicht darum, »irgendwelche Mißstände abzustellen, diese erscheinen ihm vielmehr als notwendig mit der ganzen Einrichtung des Gesellschaftsbaus verknüpft. … Die Kategorien des Besseren, Nützlichen, Zweckmäßigen, Produktiven, Wertvollen, wie sie in dieser Ordnung gelten, sind ihm vielmehr selbst verdächtig und keineswegs außerwissenschaftliche Voraussetzungen, mit denen es nichts zu schaffen hat. Während es zum Individuum in der Regel hinzugehört, daß es die Grundbestimmungen seiner Existenz als vorgegeben hinnimmt und zu erfüllen strebt …, ermangelt jenes kritische Verhalten durchaus des Vertrauens in die Richtschnur, die das gesellschaftliche Leben, wie es sich nun einmal vollzieht, jedem an die Hand gibt« (Horkheimer 1970/27f.).

So ist die Wissenschaftskritik zwar destruktiv, aber nur im Sinne einer Katharsis, durch die jedes Denken, wenn es nicht naiv und frivol sozusagen als Eingeborene(r) des Wissenschaftsbetriebs in den vorgegebenen Bahnen lustwandeln möchte [16], hindurch muß. »Es gibt eine Redensart, daß man nicht nur niederreißen, sondern auch wissen müsse aufzubauen, welche Phrase von gemütlichen und oberflächlichen Leuten allerwegs angebracht wird, wo ihnen eine sichtende Tätigkeit unbequem entgegentritt. Diese Redensart ist da am Platze, wo obenhin abgesprochen oder aus törichter Neigung verneint wird; sonst aber ist sie ohne Verstand. Denn man reißt nicht nieder, um wieder aufzubauen; im Gegenteil, man reißt recht mit Fleiß nieder, um freien Raum für Licht und Luft zu gewinnen, welche überall sich von selbst einfinden, wo ein sperrender Gegenstand weggenommen ist. Wenn man den Dingen ins Gesicht schaut und sie mit Aufrichtigkeit behandelt, so ist nichts negativ, sondern alles ist positiv, um diesen Pfefferkuchenausdruck zu gebrauchen« (Gottfried Keller: Der grüne Heinrich 2. Fassung, vierter Teil, 2. Kapitel. Vgl. auch Walter Benjamin über den ›destruktiven Charakter‹).

Literatur:

Bloch, Ernst 1976: Das Prinzip Hoffnung. Frankf.M.
Brecht, Bertold 1971: Me-ti. Buch der Wendungen. Frankf.M.
Brecht, Bertolt 1972: Geschichten vom Herrn Keuner. Frankf.M.
Brentano, Margherita von 1987: Interview. In: Minerva H.1, Berlin
Bultmann, Antje; Schmithals, Friedemann (Hg.) 1994: Käufliche Wissenschaft. Experten im Dienst von Industrie und Politik. Mit einem Vorwort von Carl Amery. München
Creydt, Meinhard 2000: Theorie gesellschaftlicher Müdigkeit. Frankf. M. (Campus)
Debray, Régis 1981: ›Voltaire verhaftet man nicht!‹ Die Intellektuellen und die Macht in Frankreich. Köln- Lövenich
Dorschel, Andreas 1993: Gefühl als Argument? In: Ders. (Hg.): Transzendentalpragmatik – ein Symposion für Karl-Otto Apel. Frankf.M.
Ellis, Albert 1993: Die rational-emotive Therapie. München
Fischer, Hermann 1993: Plädoyer für Sanfte Chemie. Heidelberg
Grünberger, Johann 1981: Die Perfektion des Mitglieds. Die soziologische Systemtheorie als eine Soziologie regelgeleiteten Verhaltens. Berlin
Horkheimer, Max 1970: Traditionelle und kritische Theorie. Frankf.M.
Kemmler, Lilly; Schelp, Theo 1988: Emotion und Psychotherapie. Ein kognitiver Beitrag zur Integration psychotherapeutischer Schulen. Bern
Klopfleisch, Reinhard; Maywald, Armin 1989: Es ist angerichtet. Wie die Lebensmittelindustrie uns künstlich ernähren will. Hamburg
Malone, Thomas W.; Laubacher, Robert J. 1999: The Dawn of E-lance Economy. In: A.-W. Scheer, Markus Nüttgens (Hg.): Electronic business engineering. 4. Internat. Tagung, Saarbrücken. Physica-Vlg. Heidelberg Matt, Peter von 1993: Schick wie Designer-Jeans (über M.Walsers ›Ohne einander‹). In: Der Spiegel H.31, S. 138 – 140
Meulemann, Heiner 1998: Wertewandel als Diagnose sozialer Integration: Unscharfe Thematik, unbestimmte Methodik, problematische Folgerungen. In: Jürgen Friedrichs, M. Rainer Lepsius, Karl Ulrich Mayer (Hg.): Die Diagnosefähigkeit der Soziologie. Sonderbd. 38 der Kölner Zeitschrift für Sozialpsychologie und Sozio-logie
Musil, Robert 1978: Gesammelte Werke. Prosa und Stücke - Reinbek bei Hamburg
Musil, Robert 1981: Mann ohne Eigenschaften. Reinbek bei Hamburg
Narr, Wolf-Dieter 1991: Vom Liberalismus der Erschöpften. In: Blätter für deutsche und internationale Politik, H. 2
Narr, Wolf-Dieter 1992: Ich träume wohl schlecht. Evaluierung als Reformersatz. In: Forum Wissenschaft H.1
Narr, Wolf-Dieter 1994: Wieviel Entwirklichung kann sozialwissenschaftliche Theorie ertragen? In: Das Argument Nr. 206
Narr, Wolf-Dieter 1996: Standort-Wissenschaft. Das gestörte Verhältnis etablierter Wissenschaft zur (demokratischen) Öffentlichkeit. In: Forum Wissenschaft H. 2 (Zur Max-Planck-Gesellschaft und zur Deutschen Forschungsgemeinschaft)
Pfreundschuh, Wolfram 1974: Die Psychologie des Systems. München (Dipl.arbeit)
Pfreundschuh, Wolfram 1976: Arbeitsplan der Arbeitsgruppe Psychologie. München
Schandl, Franz: Information und Entformation. In: Streifzüge H. 3, 2. Jg. Wien 1997
Schmidt, Hartwig 1995: Das unterwürfige Selbst. Mainz
Steinfeld, Thomas 1991: Der grobe Ton – Kleine Logik des gelehrten Anstands. Frankf.M.

LITERATURÜBERSICHT ZUR WISSENSCHAFTSKRITIK [17]

Die folgende Literaturliste enthält sowohl Texte zu Autoren als auch zu bestimmten Stichworten. Manche der Texte sind in die Liste aufgenommen worden, weil sie die Ehrfucht vor den genannten Geistesgrößen nehmen und am Material demonstrieren, wie es schon empirisch verfehlt wird. Andere Texte arbeiten ebenso immanente wie zentrale Widersprüche und Aporien der jeweiligen Theoriekonstruktion heraus. Sie zeigen, in welche Verlegenheiten sich die Autoren im Rahmen ihres eigenen Konzepts notwendig bringen. Schließlich sind Texte aufgeführt, die am jeweiligen Denken aufweisen, wie es das für die bestehende Gesellschaft charakteristischen Selbstbeschreibungen reproduziert. Geachtet wurde bei der Auswahl darauf, daß Defensivmaßnahmen parteiischer Orthodoxie, die sich als Wissenschaftskritik artikulieren, ebensowenig vorkommen wie grobe Vorschlaghämmer und Akte bloßer Feindbildkommunikation. Allerdings gilt: “Die Orthodoxie der Theorie hängt am Dogmatismus der Verhältnisse” (Jürgen Ritsert).

Inhaltsverzeichnis der Autoren und Sachgebiete, zu deren Kritik im folgenden Artikel und Bücher angegeben werden:

Überblickstexte zur Kritik der Gesellschaftstheorie

Literatur zu einzelnen Autoren und Sachgebieten:
Ulrich Beck / Pierre Bourdieu / Judith Butler / Demokratie / Emile Durkheim / Norbert Elias / Erlebnisgesellschaft / Ethnomethodologie / Michel Foucault / Funktionale Differenzierung / Geld / Erving Goffman / Jürgen Habermas / Wilhelm Heitmeyer / Klaus Holzkamp / Homo oeconomicus / Kommunikation / ›Kritische Theorie‹ / Kunst und Gesellschaft / Labeling Approach / Jacques Lacan / Niklas Luhmann / Markt / Karl Marx / Oskar Negt / Talcott Parsons / Pluralismus / Postmoderne / Psychoanalyse / Recht / Rollentheorie / Sinn / Sozialstaat / Staatstheorie / Strukturalismus / Subjektivität in der modernen, kapitalistischen Gesellschaft / Symbolischer Interaktionismus / Systemtheorie / Max Weber / Wissenssoziologie / Zivilgesellschaft

ÜBERBLICKSTEXTE

Hauck, Gerhard 1984: Geschichte der soziologischen Theorie. Reinbek bei Hamburg
Wehling, Peter 1992: Die Moderne als Sozialmythos. Frankf.M
Holzer, Horst 1988: Sozialwissenschaften/Soziologie. In: Buhr, Manfred (Hg.): Enzyklopädie zur bürgerlichen Philosophie im 19. Und 20. Jahrhundert. Köln
Creydt, Meinhard 2000: Theorie gesellschaftlicher Müdigkeit. Frankf. M.
Creydt, Meinhard 2000: Regeln (nicht nur) der soziologischen Methode. In: Das Argument H. 222, 1997, S. 675 - 84 (Kurze Vorstellung eines nicht wirklich denkenden Denkens, das sich in Figuren bewegt wie der formellen Abstraktion, der Analogie und dem Vergleich, dem Funktionalismus, der Versubjektivierung und Verobjektivierung sowie der Faktoren- und Komponenten-Scheidung und -Kombinatorik)
Wolf, Michael: System und Subjekt. Frankf. M.. 1977
Stahl, Thomas 1984: Betriebssoziologie und Moral. Zur Kritik der soziologischen Sichtweise. Frankf. M.

ULRICH BECK

Dörre, Klaus 1987: Risikokapitalismus. Zur Kritik von Ulrich Becks ›Wege in eine andere Moderne‹. Marburg Rezension zur ›Risikogesellschaft‹ in: Sozialismus 7/8 1987; Das Argument H. 172, 30. Jg. 1988; Prokla 19. Jg. 1989, H. 3 (Nr. 76)
Scherr, Albert 1994: Sind Jugendliche individualisiert? In: Gegenwartskunde H.2, Jg.43
Bösel, Monika 1993: Die gesellschaftliche Konstruktion alternativer Lebensformen. Neuere familien-soziologische Beiträge. In: Sozialwissenschaftliche Literaturrundschau H. 26
Lieber, Christoph 1998: Zweite Moderne? U. Becks Gegenwartsdiagnose. In: Sozialismus H.9

PIERRE BOURDIEU

Bohn, C. 1991: Habitus und Kontext. Ein kritischer Beitrag zur Sozialtheorie Bourdieus. Opladen
Peter, Lothar 2000: Korporativismus des Universellen? Das Thema der Intellektuellen in der soziologischen Theorie von Pierre Bourdieu. In: Z – Zeitschrift Marxistische Erneuerung, H. 41, 11. Jg.

JUDITH BUTLER

Annuß, Evelyn 1996: Umbruch und Krise der Geschlechterforschung. In: Das Argument H. 216, S. 505ff.

DEMOKRATIE

Krölls, Albert 1988: Das Grundgesetz als Verfassung des staatlich organisierten Kapitalismus. Wiesbaden
Demirovic, Alex 1988: Die Demokratietheorie von Marx. In: Das Argument H.172, 30. Jg.
Türcke, Christoph 1990: Selbstzufriedenheit der Demokratie. Was es kostet, intellektuelles Gewissen der Nation zu sein. In: Die Zeit Nr. 16, S. 65
Behrens, Diethard 1996: Elemente einer Demokratietheorie. In: Ders. (Hg.): Politik und soziale Praxis. Freiburg

JACQUES DERRIDA

Noll, Monika 1997: Dekonstruktion und Vermittlung. In: Ilse Bindseil, Monika Noll (Hg.): Fatal Real. Frauen Bd. 5, Freiburg
Noll, Monika 1999: ›Radikalisierung des Marxismus‹: Zu Derridas dekonstruktiver Lektüre der Wertformanalyse. In: Jour-fixe-Initiative Berlin (Hg.): Kritische Theorie und Poststrukturalismus. Berlin

ÉMILE DURKHEIM

Hoffmann, Inge 1974: Bürgerliches Denken. Zur Soziologie E. Durkheims. Frankf. M. 1974
Hauck, s. Überblickstexte
Wagner, Gerhard 1993: Gesellschaftstheorie als politische Theologie? Berlin

NORBERT ELIAS

Breuer, Stefan 1988: Über die Peripetien der Zivilisation. Eine Auseinandersetzung mit N. Elias. In: Helmut König (Hg.): Politische Psychologie heute. Leviathan Sonderband 9 Opladen
Ders. 1992: Die Entwicklungskurve der Zivilisation. In: Ders.: Die Gesellschaft des Verschwindens. Hamburg
Dinges, Martin 1998: Formenwandel der Gewalt in der Neuzeit. Zur Kritik der Zivilisationstheorie Norbert Elias. In: Sieferle, Rolf Peter; Breuninger, Helga (Hg.): Kulturen der Gewalt. Frankf. M.
Wehowsky, A. 1977: Uns beweglicher machen als wir sind – Überlegungen zu N. Elias. In: Ästhetik und Kommunikation. Bd. 30, S. 8 - 18

ERLEBNISGESELLSCHAFT (Gerhard Schulze)

Schnierer, Thomas 1996: Von der kompetitiven Gesellschaft zur Erlebnisgesellschaft? In: Zeitschrift für Soziologie Jg. 25, H.1, S. 71ff.
Creydt, Meinhard 1994: Erlebnis und Gesellschaft. In: Links, 26. Jg., H. 6

ETHNOMETHODOLOGIE

Prodoehl, Hans Georg 1983: Theorie des Alltags. West-Berlin, S. 18-34
Trotha, Trutz von 1977: Ethnomethologie und abweichendes Verhalten. Anmerkungen zum Konzept des ›Reaktionsdeppen‹. In: Kriminologisches Journal H. 2
Gouldner, Alvin W. 1974: Die westliche Soziologie in der Krise. Bd. 2, S. 466ff.

MICHEL FOUCAULT

Fink-Eitel, Hinrich 1989: Foucault zur Einführung. Hamburg (Eine ebenso faire wie sehr kritische Vorstellung des gesamten Werkes)
Fink-Eitel, Hinrich 1994: Die Philosophie und die Wilden. Hamburg 1994, S. 201- 298
Breuer, Stefan 1983: Die Formierung der Disziplinargesellschaft. Michel Foucault und die Probleme einer Theorie der Sozialdisziplinierung. In: Sozialwissenschaftliche Informationen für Unterricht und Studium, 12. Jg. S. 257ff. Wiederabdruck in Breuer: Aspekte totaler Vergesellschaftung. Frei-burg 1985
Brieler, Ulrich 1992: Ein richtiges Leben im falschen ? Zur Begründung einer ›Philosophie der Le-benskunst‹ durch Wilhelm Schmid. In: Kommune H.4, Jg.10
Steinert, H. 1978: Ist es denn auch wahr, Herr F.? ›Überwachen und Strafen‹ unter der Fiktion gele-sen, es handle sich dabei um eine sozialgeschichtliche Darstellung. In: Kriminalsoziologische Bib-liographie, Jg. 5, H. 19/20
Steinert, H. Treiber,H. 1980: Die Fabrikation des zuverlässigen Menschen. München (Materiale und historisch orientierte Kritik, Darstellung einer umfassenderen Erklärung)
Monika Noll 1995: Jenseits des Subjekts? Zur Philosophie M. Foucaults. In: Ilse Bindseil, Monika Noll (Hg.): Mit Foucault und Phantasie. Frauen Bd. 4, Freiburg

FUNKTIONALE DIFFERENZIERUNG

Meinhard Creydt 1996: Die Grenzen des Konstrukts ›Funktionale Differenzierung‹. In: Kommune Jg. 14, H. 12
s.a. Staatstheorie, Recht, Medizin

GELD

Ganßmann, Heiner 1986: Geld – ein symbolisch generalisiertes Medium der Kommunikation? Zur Geldlehre in der neueren Soziologie. In: Prokla H. 63
Deutschmann, Christoph 1995: Geld als soziales Konstrukt. Zur Aktualität von Marx und Simmel Leviathan 3
Deutschmann, Chrisoph 1999: Die Verheißung des absoluten Reichtums. Zur religiösen Natur des Kapitalismus. Frankf. M. Interview dazu in: Sozialismus 28. Jg., H. 4/2001
Ritsert, Jürgen 1989: Die fröhliche Wissenschaft vom Geld – Randglossen zu den Geldrätseln in der Theorie generalisierter Medien. In: Becker, Egon; Ritsert, Jürgen: Drei Beiträge zur fröhlichen Wissenschaft. Studientexte zur Sozialwissenschaft Sonderbd.1. Frankf.M.
Fiehler, Fritz 2000: Die Gesellschaft der Vermögensbesitzer. Hamburg, Kapitel 4, 5

Zu wissenschaftlich zwar obskuren, aber doch immer wieder vertretenen Geldreformvorstellungen à la Silvio Gesell:
Beyer, Helene 1932: Führt Geldreform aus Kapitalismus und Krise? Berlin
Herr, Hansjörg 1986: Zentralbank und Spielräume alternativer Geldpolitik. In: Projektgruppe Grüner Morgentau (Hg.): Perspektiven ökologischer Wirtschaftspolitik. Frankf. M.
Herr, Hansjörg 1986: Geld – Störfaktor oder Systemmerkmal? In: Prokla H. 63
Kind, Christoph 1994: Rostende Banknoten. Silvio Gesell und die Freiwirtschaftsbewegung. In: Die Beute H. 4
Kessler, Wolfgang 1997: Keine soziale und ökologische Utopie. In: Politische Ökologie H. 53
Rakowitz, Nadja 2000: Einfache Warenproduktion. Ideal und Ideologie. Freiburg, S. 132ff.

ANTHONY GIDDENS

Howald, Stefan 2000: Anthony Giddens auf dem dritten Weg zum sozialdemokratischen Neoliberalismus. In: Widerspruch (Zürich), 20. Jg., H. 39, S. 182 - 186
Stork, Volker 1998: Die ›Gesellschaft der gescheiten Leute‹. In: Sozialismus 25. Jg., H. 9 (Zu ›Jenseits von Links und Rechts‹)
Demirovic, Alex 1997: Der Sturz ins Ungewisse. A. Giddens und die Neuorientierung der Sozialdemokratie. In: Widersprüche H. 66, S. 51- 58
Volker Stork 1999: Alles wird neu und bleibt doch beim Alten. A. Giddens’ dritter Weg der Sozialdemokratie in den Kommunitarismus. In: Sozialismus 26. Jg., H.4,

ERVING GOFFMAN

Prodoehl, s.o. , S. 35-45
Gouldner, Alvin W. 1974: Die westliche Soziologie in der Krise, Bd. 2, S. 453ff.

JÜRGEN HABERMAS

Bolte, Gerhard (Hg.) 1989: Unkritische Theorie – Gegen Habermas. Lüneburg
Demmerling, Christoph 1994: Sprache und Verdinglichung – Wittgenstein, Adorno und das Projekt einer kritischen Theorie. Frankf.M. S. 78- 116
Tuschling, Burkhard (1978): Habermas – die ›offene‹ und die ›abstrakte‹ Gesellschaft. Berlin 1978
Furth, Peter 1979: Interaktion als Grundbegriff des historischen Idealismus. Argumente gegen Habermas’ Versuch, Gesellschaftstheorie als ›Kritik‹ zu gründen. In: Bernhard Heidtmann, Robert Katzenstein (Hg.): Soziologie und Praxis. Köln
Fleischer, Helmut 1980: Über die normative Kraft im Wirklichen. In: A.Honneth, U.Jaeggi (Hg.): Arbeit, Handlung, Normativität. Frankf. M.
Berger, Johannes 1982: Die Versprachlichung des Sakralen und die Entsprachlichung der Ökonomie.In: Zeitschr.f. Soziologie Jg. 11, H. 4 und in: Honneth, Axel; Joas, Hans (Hg.): Kommunikatives Handeln. Frankf.M. 1986 (zum Verhältnis Lebenswelt - System)
Bader, Veit-Michael 1986: Schmerzlose Entkopplung von System und Lebenswelt? In: Prokla 64, 16.Jg., H. 3
Heidorn,Joachim 1982: Legitimität und Regierbarkeit. Studien zu den Legitimitätstheorien von M. Weber, N. Luhmann, Jürgen Habermas und der Unregierbarkeitsforschung. Berlin
Bruckmeier, Karl 1988: Kritik der Organisationsgesellschaft. Wege der systemtheoretischen Auflösung der Gesellschaft von M.Weber, Parsons, Luhmann und Habermas. Münster
Christoph, Klaus 1985: Am Anfang war das Wort. Leviathan Jg. 13, H. 3
Kitschelt, Herbert 1980: Moralisches Argumentieren und Sozialtheorie. Prozedurale Ethik bei John Rawls und J.Habermas. Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, S. 391ff
Wegener, Reinhard 1976: Jürgen Habermas und die Kritik der ›Kritik der politischen Ökonomie‹. In: Mehrwert H. 10, S. 4-67
Schöps, Eberhard 1986: Die Theorie der Moderne und ihre Indifferenzen gegenüber der Arbeitswelt. In: Danielczyk, Rainer und Volz, Fritz Rüdiger (Hg.): Vernunft der Moderne? Zu Habermas’ Theorie des kommunikativen Handelns. In: Parabel Bd.3 . Münster
Wiemer, Carl 2001: Diskursethik als Beipackzettel. In: ders., Krankheit und Kriminalität. Freiburg

HANDLUNGSTHEORIE

Berger, Johannes 1978: Intersubjektive Sinnkonstitution und Sozialstruktur – Zur Kritik handlungstheoretischer Ansätze der Soziologie. In: Zeitschrift für Soziologie, Jg.7, H.4
Berger, Johannes 1977: Handlung und Struktur in der soziolog. Theorie. In: Das Argument H. 101
Eberle, Friedrich 1981: Intentionales Handeln und gesellschaftliche Entwicklung. Frankf.M.
Weitere Literatur s. ‘Sinn’

FRIEDRICH AUGUST VON HAYEK

Dorothee Wolf: Un-Ordnung durch Interessenorganisationen? F.A. von Hayeks Kritik kollektiver Akteure. Forschungsgruppe Politische Ökonomie Marburg, Bd. 4. Marburg 2000

WILHELM HEITMEYER

Scherr, Albert 1994: Sind Jugendliche individualisiert? In: Gegenwartskunde H. 2, Jg. 43, S. 173ff.
Creydt, Meinhard 1994: ›Individualisierung‹ als Ursache rassistischer Gewalt? Zu Heitmeyers Diagnose des Verfalls von Werten und Sozialintegration. In: Das Argument H. 205
Huisken, Freek 1993: Zur Kritik von W. Heitmeyers Rechtsextremismustheorie – Theoretisch desorientiert, politisch orientiert. In: Deutsche Jugend 41. Jg., H. 11
Huisken, Freerk 1996: Jugendgewalt – Der Kult des Selbstbewußtseins und seine unerwünschten Früchtchen. Hamburg

KLAUS HOLZKAMP

Voigtel, Roland 1984: Zum Verhältnis von bürgerlicher Ökonomie und privater Individualität. Kritik der ›Kritischen Psychologie‹ (Diss. am Psych. Inst. d. FU Berlin bei I. Staeuble und F.O.Wolf)
Diverse, qualititav sehr unterschiedlich ausfallende Artikel in der Zeitschrift Psychologie und Gesellschaft bzw. (ab Nr. 2) Psychologie und Gesellschaftskritik 1977ff.

HOMO OECONOMICUS / ÖKONOMISCHE HANDLUNGSMODELLE IN DEN SOZIALWISSENSCHAFTEN

Sen, Amartya K. 1999: Rationale Trottel: Eine Kritik der behavioristischen Grundlagen der Wirtschaftstheorie. In: Stefan Gosepath (Hg.): Motive, Gründe, Zwecke. Frankf. M.
Miller, Max: Ellenbogenmentalität und ihre theoretische Apotheose. Einige kritische Anmerkungen zur Rational Choice-Theorie. In: Soziale Welt Jg. 45, H.1, S. 5 ff.
Elster, Jon 1982: Sour grapes – Utilitarism and the genesis of wants. In: Sen, A.; Williams, B. (eds.): Utilitarism and beyond. Cambridge
Trapp, Manfred 1986: Utilitaristische Konzepte in der Soziologie. In: Zs. f. Soziologie; H. 5, Jg. 15
Melchior, Wolfgang 1992: Der Utilitarismus und das Problem der Verteilungsgerechtigkeit. In: Widerspruch (Münchner Zeitschrift für Philosophie), H. 23, 12. Jg.
Arnaszus, Helmut 1974: Spieltheorie und Nutzenbegriff aus marxistischer Sicht. Frankf.M.
Hirschman, Albert O. 1984: Engagement und Enttäuschung. Über das Schwanken der Bürger zwischen Privatwohl und Gemeinwohl. Frankf. M., S. 93ff.
Hirschman, Albert O. 1993: Entwicklung, Markt und Moral. Frankf. M.
(Hirschman arbeitet gegenüber einer »egoistischen« Kosten-Nutzen-Kalkulation andere Metapräferenzen heraus, in denen der Genuß sichtbar wird, den gemeinwohlbezogenes Handeln mit sich bringen kann. Vgl. zur Kritik adaptiver Präferenzen auch Elster, s. a. Stichwort Marx)
Hofmann, Werner 1968: Zum Gesellschaftsbild der Nationalökonomie von heute. In: Ders.: Universität, Ideologie, Gesellschaft. Beiträge zur Wissenschaftssoziologie. Frankf. M.
Zum Nutzen/Interessen-Begriff als Hypostasierung realer Phänomene, die ihre Erklärung erst in der Kapitalismustheorie finden, vgl. a. Prodoehl, Hans Georg 1983: Theorie des Alltags. West-Berlin, S. 129ff und Creydt 2000, a.a.O., S. 189ff., 215f.

KOHLBERG

Gruschka, Andreas 1996: Wie mißt man und wie stimuliert man moralische Urteilskraft? Von den Konflikten auf dem Weg zum guten und schlechten Menschen. Teil 1. In: Institut für Pädagogik und Gesellschaft (Hg.): Pädagogische Korrespondenz. Zeitschrift für kritische Zeitdiagnostik in Pädagogik und Gesellschaft. H. 18, Münster
Gruschka, Andreas 1997: Wie lernt man, kalt zu werden. Teil 2, (Teil 1: s. Gruschka 1996). In: Pädagogische Korrespondenz, H. 19
Ullmann, Gisela; Markard, Morus 1983: Geistig-moralische Erneuerung in der Psychologie. Zur Kritik der Auffassungen L. Kohlbergs. In: Argument-Sonderband 99

KOMMUNIKATION (s.a. Symbolischer Interaktionismus)

Enderwitz, Ulrich 1984: Kommunikation. In: Horst Kurnitzky, Marion Schmid (Hg.): Deutsche Stichworte – Anmerkungen und Essays. Frankf. M.
Zum ungegenständlichen Charakter von Kommunikation: zur Lippe, Rudolf 1974: Objektiver Faktor Subjektivität. In: Kursbuch 35, S.16f., s.a. Ottomeyer
Held, Karl 1973: Kommunikationsforschung – Wissenschaft oder Ideologie? München 1973 (Hanser-Vlg.)
Heim, Robert 1983: Semiologie und historischer Materialismus. Köln

KOMMUNITARISMUS

Fink-Eitel, Hinrich 1993: Gemeinschaft als Macht. Zur Kritik des Kommunitarismus. In: Micha Brumlik, Hauke Brunkhorst (Hg.): Gemeinschaft und Gerechtigkeit. Frankf.M.
Peter, Lothar 1998: Kommunitarismus und Linke – Unvereinbare Gegensätze? In: Sozialismus H. 7/8

KONSTRUKTIVISMUS

Nüse, Ralf; Groeben, N.; Freitag, B. u.a. 1991: Über die Erfindung des Radikalen Konstruktivismus. Weinheim
Berger, Johannes 1996: Entfernung von der Truppe. Realanalytische Grenzen des Konstruktivismus in der Soziologie. In: Max Miller, Hans-Georg Soeffner (Hg.): Modernität und Barbarei. Frankf.M. 1996
Esser, Hartmut 1993: Soziologie – Allgemeine Grundlagen. Frankf. M., S. 52ff
Knorr-Cetina, Karin 1989: Spielarten des Konstruktivismus – Einige Notizen und Anmerkungen. Soziale Welt 1, 2
Deutschmann, Christoph 1998: Technikkonstruktivismus und Kritik der politischen Ökonomie. In: Hartmut Hirch-Kreinsen, Harald Wolf (Hg.): Arbeit, Gesellschaft, Kritik : Orientierungen wider den Zeitgeist. Berlin
Gröll, Johannes; Körner; Wilhelm 1994: Zur Anwendung des radikal-konstruktivistischen Modells in systemischen Therapien. In: Georg Hörmann (Hg.) : Im System gefangen. Zur Kritik systemischer Konzeptionen in den Sozialwissenschaften. Münster (ein verwandter Aufsatz auch in: Hörmann, Georg; Körner, Wilhelm (Hg.) 1991: Klinische Psychologie – Ein kritisches Handbuch. Reinbek)
Bätz, Roland 1994: Gedanken aus der Schulpädagogik zu Leib und Seele – Gegen den radikalen Konstruktivismus in der Didaktik. In: Ebd.
Zur Mißachtung des nichtnormativen Substrats der modernen kapitalistischen Gesellschaft vgl. Stichwort ›Sinn‹

›KRITISCHE THEORIE‹: ADORNO, HORKHEIMER

Beier, Christel 1976: Zur Struktur des Totalitätsbegriffes in der kritischen Theorie Adornos. In: Ritsert, Jürgen (Hg.): Zur Wissenschaftslogik einer kritischen Soziologie. Frankf. M.
Decker, Peter 1982: Die Methodologie kritischer Sinnsuche. Systembildende Konzeptionen Adornos im Lichte philosophischer Tradition. Erlangen
Furth, Peter 1980: Negative Dialektik und materialistische Theorie der Dialektik. In: Ders. (Hg.) Arbeit und Reflexion. Köln
Müller, Rudolf Wolfgang 1977: Geld und Geist. Frankf. M., S. 190-202 (zur Rede vom ›Tauschprinzip‹)
Wacker; Ali 1979: Zur Aktualität und Relevanz klassischer psychologischer Faschismustheorien. In: G.Paul, B. Schoßig (Hg.): Jugend und Neofaschismus. Frankf.M.
Jaerisch, Ursula 1975: Sind Arbeiter autoritär ? Köln
Benjamin, Jessica 1982: Die Antinomien des patriarchalischen Denkens. Kritische Theorie und Psy-choanalyse. In: W. Bonß, A. Honneth (Hg.): Sozialforschung als Kritik. Frankf.M.
Windaus-Walser, Karin 1989: Autorität und Geschlecht – Eine Dialektik der Verklärung. In: Erd, Rainer; Hoß, Dietrich; Jacobi, Otto u.a. (Hg.): Kritische Theorie und Kultur. Frankf.M.
Müller-Sachse, Karl H. 1981: Unterhaltungssyndrom: Massenmediale Praxis und medientheoretische Diskurse. Frankf. M.
Eberle, Friedrich 1978: Bemerkungen zu Jays Geschichte der Frankfurter Schule und des Instituts für Sozialforschung. In: Claudio Pozzoli (Hg.): Jahrbuch Arbeiterbewegung, Bd. 6. Frankf. M. 1978 (Fischer-Vlg.). (Kritik am Standardwerk von Martin Jay: Die Geschichte der Frankfurter Schule)
Marxistische Gruppe: Kritik der ›Kritischen Theorie‹. München 1990
Gröll, Johannes 1991: Das moralische Subjekt. Münster (S. 204ff.)
Böckelmann, Frank 1969: Die Möglichkeit ist die Unmöglichkeit,in: W.F. Schoeller: Die neue Linke nach Adorno, München 1969 (auch in: Boeckelmann 1997: Begriffe versenken. Bodenheim)

KUNST UND GESELLSCHAFT

Enzensberger, Christian 1981: Literatur und Interesse. Frankf. M.
(Anders als es der Titel vermuten läßt handelt es sich hier nicht um Literatursoziologie, sondern um die zentrale Frage nach Form als Konstituens von ›schöner‹ Literatur und um den Aufweis ihrer damit begründeten immanenten Grenze. Auf den nach wie vor zentralen Theorieteil folgt die exemplarische Verdeutlichung an ›Kaufmann von Venedig‹ und ›Oliver Twist‹)
Brix, Lothar 1982: Kunst in der bürgerlichen Gesellschaft. St. Michael (Österreich) 1982.
Assling, Reinhard 1981: Werthers Leiden. Marburg (Diss.) (Kritik an Lepenies u.a.)
Hübner-Funk, s. unter Simmel
Creydt, Meinhard 1993: Ästhetisierung und Ideologie. In: H. Ganßmann (Hg.): Produktion Klassentheorie. Hamburg

LABELING-APPROACH/ THEORIE SOZIALER ETIKETTIERUNG

Ferchhoff, Wilfried; Peters, Friedhelms: Die Produktion abweichenden Verhaltens. Zur Rekonstruktion und Kritik des Labeling Approach. Bielefeld 1981
Sumner, Colin 1991: Das Konzept der Devianz neu überdacht: Zu einer Soziologie der ›censures‹. In: Kriminologisches Journal, Jg. 23, S. 242ff.

JACQUES LACAN

Lecourt, Dominique 1994: Abschied von Lacan. In: Henning Böke u.a. (Hg.): Denk-Prozesse nach Althusser. Argument-Sonderbd. 228. Hamburg (auch in: Widerspruch H. 9 Zürich 1985)
Götze, Karl-Heinz 1986: Der Meistertaschenspieler. In: Das Argument H. 159, S. 678ff.

NIKLAS LUHMANN

Barben, Daniel 1996: Theorietechnik und Politik bei N. Luhmann. Opladen
Creydt, Meinhard 2000: Theorie gesellschaftlicher Müdigkeit. Frankf. M., S. 84 - 111, (Luhmanns Utopie der Flexibilisierung) Kurzfassung in: Luhmanns System. In: Kommune H. 1/1998
K. Bruckmeier, s. unter Habermas; J. Heidorn, s. unter Habermas
Wagner, Gerhard; Zipprian, Heinz 1992: Identität oder Differenz. Bemerkungen zu einer Aporie in Niklas Luhmanns Theorie selbstreferentieller Systeme. In: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 21, H. 6, S. 394ff.
Ganßmann, Heiner 1986: Kommunikation und Reproduktion. (›Soziale Systeme‹-Rezensionsessay) Leviathan H. 1
Hildebrandt, Helmut 1994: Luhmanns Theorie sozialer Systeme und die Entwicklung des bundesrepublikanischen Gesundheitswesens: Eine Kritik. In: Psychologie- und Gesellschaftskritik Jg. 15 H.2 1991, S. 95ff., ebenfalls in: Hörmann (Hg.), s. System
Argument H. 178 1989: Christian Sigrist, Das gesellschaftl. Milieu der Luhmannschen Theorie; Klaus Zimmermann, Die Abschaffung des Subjekts in den Schranken der Subjektphilosophie; Andreas Metzner, Die ökolog. Krise und die Differenz von System und Umwelt; Frank Beckenbach, Die Wirtschaft der Systemtheorie )
Kostede, Norbert 1982: Luhmann im Wohlfahrtsstaat. Funktionalismus, Politische Theorie und Politik. In: Das Argument H. 132, S.224- 233 (Besprechung von Luhmanns ›Politische Theorie im Wohlfahrtsstaat‹. Dieser Text eignet sich zur Einführung in Luhmanns Denken und zur Verdeutlichung seiner politischen Perspektive.)
Nahamowitz, Peter 1988: Autopoiesis oder ökonomischer Staatsinterventionismus? In: Zeitschrift für Rechtssoziologie, H. 1
Berger, Johanes 1987: Autopoiesis: Wie ›systemisch‹ ist die Theorie sozialer Systeme? In: Haferkamp, Hans; Schmid, Michael (Hg.): Sinn, Kommunikation und soziale Differenzierung. Frankf. M.
Giegel, Hans-Joachim 1987: Interpenetration und reflexive Bestimmung des Verhältnisses von psychischem und sozialem System. In: Haferkamp, Schmid (s.o.)
Narr, Wolf-Dieter 1994: Recht – Demokratie –Weltgesellschaft. Zur Rechtstheorie von Habermas und Luhmann. In: Prokla H. 94 und 95
Hauck, Gerhard 2001: Anti-evolutionistische Evolutionismus. N. Luhmann als Entwicklungstheoretiker. In: Peripherie H. 80, 20. Jg., S. 85ff. Münster

MARKT

Kraemer, Klaus 1997: Der Markt der Gesellschaft. Opladen
(eine umfassende Kritik an verschiedenen den Markt idealisierenden und seine Probleme ausblendenden Theorien)

KARL MARX

Demirovic, Alex 1991: Ist die DDR an Marx gescheitert? Kritische Anmerkungen zu Michael Brie. In: Das Argument H. 188, S. 519ff.
Backhaus, Hans-Georg 1996: Die Irrtümer der nationalökonomischen Marx-Kritik als Grundmängel der nationalökonomischen Theoriebildung. In: Brentel, Helmut (Hg.): Gegensätze: Elemente kritischer Theorie. Festschrift f. Jürgen Ritsert. Frankf. M.
Coletti, Lucio 1971: Bernstein und der Marxismus der Zweiten Internationale. Frankf.M.
Heinrich, Michael 1991: Die Marxsche Werttheorie – mit dem Transformationsproblem erledigt? In: Z – Zeitschrift für marxistische Erneuerung. Bd. 8, 2. Jg.
Herkommer, Sebastian 1989: Pfade ins Ungewisse. Brauchen wir eine marxistische Soziologie? In: Sozialismus H. 4
Herkommer, Sebastian 2001: Die Gesellschaft, in der wir leben. Thesen zur Aktualität der Klassenanalyse. In: Sozialismus-Supplement H. 2
Balibar, Etienne 1977: Marxismus, Rationalismus, Irrationalismus. In: Alternative, 20. Jg., H. 116, S. 225ff.
Beer, Ursula 1983: Marx auf die Füße gestellt? Zum theoretischen Entwurf von Claudia v. Werlhof. In: Prokla 50
Braig, Marianne; Lentz, Carola 1983: Wider die Enthistorisierung der Marschen Werttheorie. Kritische Anmerkungen zur Kategorie ›Subsistenzproduktion‹. In: Prokla H. 50
Rohwer, Götz 1985: Zur politischen Ökonomie der Hausarbeit. In: Leviathan Jg. 13, H.2
Krätke, Michael 1991: Politische Ökonomie ohne Marx? In: Das Argument H. 188
Haug, Wolfgang Fritz 1986: Antisemitismus aus marxistischer Sicht. In: H.A. Strauss, N. Kampe (Hg.), Antisemitismus. Frankf.M. 1986 (Auch in: Haug: Elemente einer Theorie des Ideologischen. Hamburg 1993)
Zu Antisemitismusvorwürfen gegen Marx vgl. auch: Detlef Claussen in ›links‹, 19. Jg., H. 11, 1987
Angehrn, Emil; Lohmann, Georg (Hg.) 1986: Ethik und Marx. Königstein /Ts. 1986 (v.a. : A.M. Wood: Marx’ Immoralismus und W.F. Haug: Marx, Ethik und ideologische Formbestimmtheit von Moral)
Hafner, Kornelia 1993: Gebrauchswertfetischismus. In: Behrens, Diethard (Hg.): Gesellschaft und Erkenntnis. Zur materialistischen Erkenntnis- und Ökonomiekritik. Freiburg (Vgl. in diesem Band auch die Artikel von Behrens, Hafner über Totalität und Kritik sowie von Behrens über Erkenntnis und Ökonomiekritik)
Mandel, Ernest 1991: Kontroversen um ›Das Kapital‹. Berlin
Schmidt, Alfred 1974: Der Begriff der Natur in der Lehre von Marx. Frankf.M.
Osterkamp, Ute 1993: Hat der Marxismus die Natur der Menschen verkannt? Oder: Sind die Menschen für den Sozialismus nicht geschaffen. In: Schriftenreihe der Marx-Engels-Stiftung Bd. 20, in: Forum Kritische Psychologie H. 31/1993 und in: Weg und Ziel H. 3 /1993 (Wien).
Eagleton, Terry 1993: Ideologie: Eine Einführung. Stuttgart 1993 (Speziell Kapitel ›Diskurs und Ideologie‹)
Elster, Jon 1986: Self-Realization in Work and Politics. The Marxist Conception of Good Life. In: Paul, Ellen Frankel et al (eds.): Marxism and Liberalism. Oxford. Vgl. auch die Antwort auf: Heine, Hartwig 1987 (Die platte Utopie der aufgehobenen Entfremdung. Eine Polemik gegen Intimisierung als Theorie und Lebensstil. In: Kommune H. 8) in einer darauf folgenden Ausgabe der ›Kommune‹.
Zu Mißverständnissen von W. Reich und der Kritischen Theorie bezüglich ›Gebrauchswert‹ und ›Anthropologie‹ bei Marx vgl. Apel und Heidorn, s. Stichwort Negt .
Fraentzki, Ekkehard 1978: Der mißverstandene Marx. Pfullingen. (Wahrscheinlich bei aller Heideggernähe des Verfassers die klarste Interpretation der ›Pariser Manuskripte‹ und ein lesenswerter Beitrag zur Klärung des emphatischen Begriffs von ›Arbeit‹ bei Marx.)
Koczyba, Hermann 1979: Widerspruch und Theoriestruktur. Frankf.M.
Deutschmann, Manfred 1977: Die systemtheoretische Kritik an der marxistischen Staatstheorie. Eine methodische Antikritik. In: V. Brandes u.a. (Hg.): Handbuch Staat, Bd. 5. Frankf. M.
Haug, Wolfgang Fritz: 1993: Muß man den Stalinismus von Marx her denken ? In: Das Argument Sonderbd. 218
Losurdo, Domenico 1993: Marx und die Geschichte des Totalitarismus. In: Topos H. 1, S. 55ff.
Creydt 2000 (Teil 2 zur Kapitalismustheorie als Kritik modernetheoretischer soziologischer Konstrukte, S. 216 ff. zur Explikation des ›methodischen‹ Status der Strukturtheorie und S. 21ff. zu modernetheoretischen Naivitäten und Voluntarismen bei Marx)

MEDIZIN

Bollinger, Heinrich; Brockhaus, Gudrun; Hohl; Joachim u.a. 1981: Medizinerwelten – Die Deformation des Arztes als berufliche Qualifikation. München
Creydt, Meinhard 2000: Die Medizin des Gesundheitswesens. In: Kalaschnikow H. 15
Eberstein, Benita von 1991: Neue Technologien und Zivilisationskrankheiten. In: Jahrbuch für kritische Medizin 17. Hamburg (Kritik am Risikofaktoren-Modell)
Eckart, Wolfgang U. 1994: Entpolitisierung durch Psychologisierung – Verdrängung der Sozialhygiene im Nachkriegsdeutschland. In: Forum Wissenschaft H. 4, 24-29
Gorz, André 1977: Ökologie und Politik. Reinbek bei Hamburg, S. 97 - 109 (Nach wie vor ein zentraler Aufsatz zum Thema Medizin und Kapitalismus)
Hörmann, Georg; Langer, Klaus 1991: Psychosomatische Störungen. In: Hörmann; Körner, Wilhelm (Hg.): Klinische Psychologie. Reinbek bei Hamburg
Karmaus, W 1985: Dreizehn Fehlerquellen epidemiologischer Studien. Schwierigkeiten beim Nachweis von Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz und in der Umwelt. In: Borgers, D. u.a.: Umweltmedizin. Berlin (Argument-Sonderbd. 125).
Kickbusch, Ilona, Wenzel, Eberhard 1981: Risikoverhalten – die alltägliche Gesundheitsbewegung. In: Forum für Medizin und Gesundheitspolitik, H. 17
Körner, W.; Zygowski, H. 1985: Durch Arbeit zur psychischen Gesundheit? In: Keupp, Heiner; Kleiber; D.; Scholten, B. (Hg.): Im Schatten der Wende. Tübingen (auch in: Psychologie Heute 7/84)
Maschewsky. W.1988: Psychosomatisch oder neurotoxisch? Argument Sonderbd. 155 Berlin
Maschewsky, W.1989: Was macht krank: Psyche oder Gesundheit? In: Psychologie heute H. 1
Marxistische Gruppe 1990: Argumente gegen die Medizin. München
Vgl. a. Hildebrand (s. Luhmann)

OSKAR NEGT

Apel, Hartmut; Heidorn, Joachim 1977: Subjektivität und Öffentlichkeit. Kritik der theoretischen Positionen O. Negts. In: Prokla 29, S. 3- 38
Autorenkollektiv: Hochschulsozialismus. In: Arbeitshefte zur materialistischen Wissenschaft. H. 13, Münster 1978

TALCOTT PARSONS

Gouldner, Alvin W. 1974: Die westliche Soziologie in der Krise. Reinbek, 2 Bde.
Wehling, Peter 1992: Die Moderne als Sozialmythos. Frankf. M., S. 152 - 181
Mills, C. Wright 1963: Kritik der soziologischen Denkweise. Neuwied, Kapitel 2
Ritsert, Jürgen 1975: Handlungstheorie und Grundannahmen des Liberalismus – Über das Interaktionsschema bei T. Parsons, in: Ders.: Wissenschaftsanalyse als Ideologiekritik. Frankf. M., S. 102-22
K. Bruckmeier, s. unter Habermas
Bergmann, Joachim E. 1967: Die Theorie des sozialen Systems von T. Parsons. Frankf.M.

PLURALISMUS

Brentano, Margherita von 1971: Wissenschaftspluralismus als Kampfbegriff. In: Das Argument H. 66
Anders, Günther 1993: Mensch ohne Welt – Schriften zur Kunst und Literatur. München, S. XV ff.

POSTMODERNE

Eagleton, Terry 1997: Die Illusionen der Postmoderne. Stuttgart
Hauck, Gerhard 1992: Einführung in die Ideologiekritik. Hamburg (Kapitel : Die Postmoderne – der Moderne mißratene Schwester).
Burger, Rudolf 1993: Das Denken der Postmoderne – Würdigung einer Philosophie für Damen und Herren. In: Leviathan S. 461ff.
Fehrmann, Eberhard 1996: Eine List der Geschichte. In: Sozialismus H. 11
s.a. Stichwort Pluralismus

PSYCHOANALYSE

Pohlen, Manfred; Bautz-Holzherr, Margarethe 1995: Psychoanalyse – das Ende einer Deutungsmacht. Reinbek bei Hamburg
Lichtman, Richard 1990: Die Produktion des Unbewußten. Die Integration der Psychoanalyse in die Marxsche Theorie. Berlin (vgl. auch Aufsatz in: Das Argument, H. 176)
Holzhey-Kunz, Alice 1994: Leiden am Dasein. Die Daseinsanalyse und die Aufgabe einer Hermeneu-tik psychopathologischer Phänomene. Wien, S. 79 - 148
Schülein, Johannes August 1975: Das Gesellschaftsbild der Freudschen Theorie. Frankf. M.
Eschenröder, Christof T. 1986: Hier irrte Freud – Zur Kritik der psychoanalytischen Theorie und Praxis. 2. Erweiterte Auflage. München
Wulff, Erich 1981: Psychoanalyse und Realität. In: Ders.: Psychisches Leiden und Politik. Frankf. M.
Castel, Robert 1986: Psychoanalyse und gesellschaftliche Macht. Kronberg
Zur Psychoanalytiker-Ausbildung und ihrem nicht allzu heimlichen, aber konformismusförderlichen Lehrplan: »Psychoanalytiker: Alles gehorsame Normopathen?« In: Psychologie Heute 6/94, vgl. a. Speier; Sammy 1983: Gedanken zur Ausbildung. In: Lohmann, Hans Martin (Hg.): Das Unbehagen in der Psychoanalyse. Frankf.M., s. a. Johannes Cremerius in Psyche 1987, S. 1067ff.

RECHT

Krölls, Albert 1988: Das Grundgesetz als Verfassung des staatlich organisierten Kapitalismus. Wiesbaden
Tuschling, Bernhard 1976: Rechtsform und Produktionsverhältnisse. Frankf.M.
Preuss, Ulrich K. 1979: Die Internalisierung des Subjekts. Zur Kritik der Funktionsweise des subjektiven Rechts. Frankf. M.
Negt, Oskar 1988: Modernisierung im Zeichen des Drachen – China und der europäische Mythos der Moderne. Frankf.M. 508ff.
Kreissl, R. 1990: Regulation durch Recht. In: Widersprüche H. 36. Offenbach
Knieper, Rolf 1981: Zwang, Vernunft, Freiheit: Studien zur juristischen Konstruktion der bürgerlichen Gesellschaft. Frank.M.
Ottomeyer, Klaus 1977: Ökonomische Zwänge und menschliche Beziehungen. Soziales Verhalten im Kapitalismus. Reinbek bei Hamburg, Kapitel 6
Maihofer 1992 (s. Staatstheorie)

ROLLENTHEORIE

Peter Furth 1971:Nachträgliche Warnung vor dem Rollenbegriff. In: Das Argument H. 66, S. 494 ff.
Ders. 1991: Soziale Rolle, Institution und Freiheit. In: Harald Kerber, Arnold Schmieder (Hg.): Soziologie. Theorien, Ausbildung, Arbeitsfelder. Reinbek, S. 213 - 251.
Haug, Frigga 1984: Stichwort Rollentheorie. In: H. Kerber, A.Schmieder (Hg.): Handbuch Soziologie. Reinbek 1984

GEORG SIMMEL

Pohlmann, Friedrich 1987: Individualität, Geld und Rationalität: Georg Simmel zwischen Karl Marx und Max Weber. Stuttgart
Scheible, Hartmut 1988: Wahrheit und Subjekt. Ästhetik im bürgerlichen Zeitalter. Reinbek bei Hamburg (Kapitel: Die Tragödie der Kultur. Georg Simmel)
Lukacs, Georg 1974: Zerstörung der Vernunft Bd. II. Darmstadt und Neuwied, S. 123 ff.
Dannemann, Rüdiger 1987: Das Prinzip Verdinglichung. Frankf. M., S. 61ff.
Deutschmann, Christoph 1995 Geld als soziales Konstrukt. Zur Aktualität von Marx und Simmel. In: Leviathan 3/95
Breuer, Stefan 1996: Ästhetischer Fundamentalismus: Stefan George und der deutsche Antimodernismus. Darmstadt, S. 169-183
Hübner-Funk, Sibylle 1982: Georg Simmels Konzeption von Gesellschaft. Ein Beitrag zum Verhältnis von Soziologie, Ästhetik und Politik. Köln

SINN

Anders, Günther 1980: Die Antiquiertheit des Menschen. München, Bd. 2, S. 362- 390
Zum nichtnormativen, nicht in Sinn und Bedeutung übersetzbaren Substrat kapitalistischer Gesellschaften: vgl. Berger 1978 (s. Handlungstheorie), Berger 1987 (s. Luhmann), Berger 1996 (s. Konstruktivismus), Vgl. Ottomeyer, Scheer (s. Symbolischer Interaktionismus), Eberle (s. Handlungstheorie), Creydt, Meinhard 2000: Theorie gesellschaftlicher Müdigkeit. Frankf. M. 215ff., 254f., 261

SOZIALGESCHICHTSSCHREIBUNG

Robert Scholz (Hg.) 1990: Kritik der Sozialgeschichtsschreibung. Hamburg 1990

SOZIALSTAAT

In den Sozialstaat werden Hoffnungen gesetzt, die seinen praktischen Nutzen übersteigen und eine grundsätzliche Einhegung des Kapitalismus verheißen. Diese Erwartungen finden sich bereits bei Hilferding und Bernstein in den 20er Jahren, werden von Thomas H. Marshall im Nachkriegsengland weiter zu einer Evolution von Bürgerrechten zu sozialen Rechten theoretisiert. Habermas (1981 Bd.2./514, vgl. a. 530) sieht die »Belastungen, die sich aus dem Charakter fremdbestimmter Arbeit ergeben …, weitgehend aufgefangen« durch sozialstaatliche Maßnahmen. Vgl. zur Kritik dieser Hoffnungen:
Narr; Wolf-Dieter 1999: Zukunft des Sozialstaats. Neu-Ulm
Vobruba, Georg 1983: Politik mit dem Wohlfahrtsstaat. Frankf.M.
Müller, Wolfgang; Neusüß, Christel 1970: Die Sozialstaatsillusion und der Widerspruch von Lohnarbeit und Kapital. In: Probleme des Klassenkampfs, Sonderheft 1
Revelli, Marco 1992: Der Sozialstaat in den Brennesseln. In: Die Aktion Jg. 14, Hamburg
Sozialistische Studiengruppe 1983: Brauchen wir den Sozialstaat? In: Michael Opielka u.a. (Hg.): Die Zukunft des Sozialstaats. Fachtagung der Grünen Baden-Württembergs. Stuttgart
Krölls 1988 (s. Demokratie)

STAATSTHEORIE

Der Kapitalismus funktioniert unter seinen eigenen Voraussetzungen und reproduziere sich im allgemeinen aus sich selbst, wenn seine Voraussetzungen gegeben sind bzw. reproduziert werden. Marx’ »Kapital« enthält »eine systematische Übersicht über die Ansatz- oder Einbruchstellen, an denen die moderne Politik in die kapitalistische Ökonomie hineinreicht« bzw. »hineinreichen muß« (Krätke 1998/152). [18] Die kapitalistische Ökonomie ist kein geschlossenes System und kann einige seiner Elemente (Geld, Arbeitskraft, Natur) nicht selbst erzeugen. Daß der Kapitalismus nur als politisch-ökonomisches System lebensfähig ist, heißt nun aber nicht, davon zu abstrahieren, daß die Kriterien staatlichen Handelns im Kapitalismus sich auf die Lebensfähigkeit der kapitalis-tischen Ökonomie beziehen. Daß der Kapitalismus ein politisch-ökonomisches System ist, heißt nicht der Politik beliebige Freiheitsgerade gegenüber der Ökonomie einzuräumen. Die Grenzen staatlichen Handelns gegenüber der Ökonomie herausgearbeitet zu haben bleibt ein respektables Ergebnis der deutschen »Staatsableitungsdebatte«, wie immer man sie sonst beurteilen mag. [19]
Die kapitalistische Ökonomie restringiert Politik einerseits mit ihrer »Systemgrenze« (Blanke u.a. 1975/91f.). Überschreiten Eingriffe die von den Verbänden des Kapitals als systemkritisch aufgefaßten Grenzen, werden massive Gegenreaktionen (Kapitalflucht, Produktionseinschränkungen, »Investitionsstreiks«) wahrscheinlich. [20] Gerade im Interesse außerökonomischer Ziele ist der Staat auf ein Florieren der Ökonomie angewiesen. [21] Die »Tätigkeitsgrenze« der Politik gegenüber der Ökonomie (Blanke u.a.) erwächst aus der jeweiligen Konjunktur, die die finanziellen Handlungs- und Verteilungsspielräume des Staates oder anderer öffentlicher Akteure abstecken.
Freiheitsgrade weist das politische Handeln insofern auf, als es verschiedene Einschätzungen geben kann, was ökonomisch-politisch förderlich ist und was nicht, nicht nur aufgrund der Prognoseprobleme, sondern weil auch »d a s« einheitliche Verwertungsinteresse sozial nicht existiert, sondern nur als »in sich widersprüchliches Konglomerat von Einzelinteressen« (Wirth 1973/38). Die für einen Funktionalismus nötige Annahme eines Quasisubjekts mit eigenem Problemsensorium und der Fähigkeit zur Einwirkung auf sich selbst geht an der kapitalistischen Ökonomie vorbei. In der neueren marxistischen Staatsdiskussion ist bereits früh darauf hingewiesen worden (vgl. Wirth 1973/38ff.). Es gibt für »das System« nicht eine »Perspektive«, insofern es kein Supersubjekt dar-stellt, sondern nur verschiedene Akteure, die über die Perspektiven streiten.

Literatur:
Blanke, Bernhard; Jürgens, Ulrich; Kastendiek, Hans 1975: Kritik der politischen Wissenschaft. Frankf. M.
Holloway, John 1993: Reform des Staates: Globales Kapital und nationaler Staat. In: Prokla 23. Jg., H. 90. Münster
Jürgens, Ulrich 1990: Entwicklungslinien der staatstheoretischen Diskussion seit den siebziger Jahren. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zu ›Das Parlament‹ v. 23.2.
Wood, Ellen Meiksins 1982: Die Trennung von Ökonomie und Politik. In: Das Argument H. 131,24. Jg.
Evers, Tilman 1977: Bürgerliche Herrschaft in der Dritten Welt. Köln, S. 50ff.
Sauer, Dieter 1978: Staat und Statsapparat. Frankf. M.
Maihofer, Andrea 1992: Das Recht bei Marx. Baden-Baden
Krätke, Michael 1998: Wie politisch ist Marx’ Politische Ökonomie. In: Z – Zeitschrift Marxistische Erneuerung, H. 34, 9. Jg.
Krätke 1991 (s. Marx)
Wirth, Margaret 1973: Zur Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus. In: Prokla H. 8/9
Heimann, Siegfried; Zeuner, Bodo 1974: Eine neue Integrationsideologie. Zu den Thesen zur Strategie und Taktik des demokratischen Sozialismus des Peter von Oertzen. In: Prokla H. 14/15 Jg.4
Bourdieu, Pierre 1991: Die politische Repräsentation. In: Berliner Journal f. Soziologie H. 4

STRUKTURALISMUS

Fink-Eitel, Hinrich 1994: Die Philosophie und die Wilden. Hamburg (S. 19-84 zu Lévi-Strauss)
Godelier, Maurice 1973: Ökonomische Anthropologie. Reinbek bei Hamburg 1973
Heim, Robert 1983: Semiologie und historischer Materialismus. Köln 1983
Althusser, Louis 1975: Elemente der Selbstkritik. Berlin-West, 3. Kapitel

SUBJEKTIVITÄT UND MODERNE KAPITALISTISCHE GESELLSCHAFT

Ottomeyer, Klaus 1991: Gesellschaftstheorien in der Sozialisationsforschung. In: D. Ulich (Hg.): Handbuch der Sozialisationsforschung. Weinheim
Ottomeyer, Klaus 1977: Ökonomische Zwänge und menschliche Beziehungen. Soziales Verhalten im Kapitalismus. Reinbek (nach wie vor sehr gut als Einführung und Überblick geeignet)
Ottomeyer, Klaus 1987: Lebensdrama und Gesellschaft. Szenisch-materialistische Psychologie für soziale Arbeit und politische Kultur. Wien 1987
Prodoehl, Hans Gerd 1983: Theorie des Alltags. Berlin (ebenso wie der nächste Band sehr zu empfehlen)
Schubert, Volker 1983: Identität, individuelle Reproduktion und Bildung. Gießen
Creydt, Meinhard 2000: Theorie gesellschaftlicher Müdigkeit. Frankf. M. (Teil 3)

SYMBOLISCHER INTERAKTIONISMUS

Ottomeyer, Klaus; K.D.Scheer 1976: Rollendistanz und Emanzipation. In: K.J. Bruder u.a.: Kritik der pädagogischen Psychologie. Reinbek, S. 39-73
Ausführliche Mead-Rezension in der Münchner Studentenzeitung 2.5.1974
Türcke, Christoph 1986: Vermittlung als Gott: Metaphysische Grillen und theologische Mucken didaktisierter Wissenschaft. Lüneburg, S. 115ff.
Vgl. a. Furth, s. Rollentheorie

SYSTEMTHEORIE

Georg Hörmann (Hg.) 1994: Im System gefangen – Zur Kritik systemischer Konzepte in den Sozialwissenschaften. Münster
Müller, Klaus 1996: Allgemeine Systemtheorie. Opladen
Prewo, R.; Ritsert, J.; Stracke, E. 1973: Systemtheoretische Ansätze in der Soziologie. Eine kritische Analyse. Reinbek bei Hamburg
Heidtmann, Bernhard u.a. 1977: Marxistische Gesellschaftsdialektik oder ›Systemtheorie der Gesellschaft‹. Frankf. M.
Warnke, Camilla 1974: Die ›abstrakte‹ Gesellschaft. Systemwissenschaften als Heilsbotschaft in den Gesellschaftsmodellen Parsons’, Dahrendorfs und Luhmanns. Berlin DDR 1974
Holzer, Horst 1987: Kapitalismus als Abstraktum? Makro-soziologisch Systemtheorie in der Soziologie der USA und der BRD Berlin DDR
Koehler, Hartmut 1986: Systemtheorie und Ökosystemforschung. In: Regelmann, Johann-Peter; Schramm, Engelbert (Hg.): Wissenschaft der Wendezeit: Systemtheorie als Alternative? Frankf.M.
Schurig, Volker 1994: Ökosystem und Ökosystemforschung. In: Hörmann, Georg (Hg.): Im System gefangen – Zur Kritik systemischer Konzepte in den Sozialwissenschaften, Münster
Dinnebier 1985: Biokybernetik, Ökostadt und Valium – Ballungsgebiete in der Krise und ihre Rettung durch Frederic Vester. In: Hammann. Winfried, Kluge, Thomas (Hg.): In Zukunft. Berichte über den Wandel des Fortschritts. Reinbek bei Hamburg
s. a. Luhmann

MAX WEBER

Karl Bruckmeier, s.unter Habermas J. Heidorn, s.unter Habermas
Bader, Veit Michael, Berger, Johannes, Ganßmann, Heiner u.a. 1976, Einführung in die Gesellschaftstheorie. Frankf.M.
Rehmann, Jan 1998: M. Weber: Modernisierung als passive Revolution. Hamburg
Creydt, Meinhard 1997: Protestantische Ethik als gesellschaftlicher ›Weichensteller‹? Zur Kritik an M. Webers pluralistischer Interdependenztheorie. In: Das Argument H. 222, S. 630- 44 (Hier Hinweise auf weitere kritische Literatur zur Protestantischen Ethik)
Zängle, Michael 1988: M. Webers Staatstheorie im Kontext seines Werkes. Berlin

WISSENSSOZIOLOGIE

Knienieder, Heinz 1989: Negation und Tradition der Philosophie in der Marschen Ideologiekritik. Wien (Darin das Kapitel: Die Relativierung und Entpolitisierung des Wahrheitsbegriffs durch die Wissenssoziologie, S. 248 - 265).
Hauck, Gerhard 1992: Einführung in die Ideologiekritik. Hamburg

ZIVILGESELLSCHAFT

Heins, Volker 1992: Ambivalenzen der Zivilgesellschaft. In: Politische Vierteljahresschrift 2, S. 235ff.
Das Argument, H. 206, 1994 (einschlägig die Aufsätze von Jehle, Markner, Narr und Alheit)
Rakowitz, Nadja 2000: Einfache Warenproduktion. Ideal und Ideologie. Freiburg 2000 (Kapitel: Ziviler Kapitalismus – der verschönerte Schatten der bürgerlichen Gesellschaft)

Anmerkungen

[1] »Weit häufiger als Erklärungen hat die Soziologie der Öffentlichkeit Schlagworte, Deutungen, Lo-sungen, kurzum ›Diagnosen‹ geliefert. Sie haben in der Öffentlichkeit weit mehr Resonanz gefunden als die wenigen Erklärungsversuche« (Meulemann 1998/267). Dergestalt »antworten« Soziologen »auf den Bedarf der Öffentlichkeit nach einer Selbstdeutung der Gesellschaft« (ebd.).

[2] »›Die allgemeine Roheit ist heute unerträglich. Aber weil sie es ist, muß auch die Güte falsch sein! Die beiden hängen ja nicht wie auf einer Waage zusammen, wo ein Zuviel auf der einen Seite einem Zuwenig auf der andern gleich ist, sondern hängen zusammen wie zwei Teile eines Körpers, die miteinander krank und gesund ist. Nicht ist also irriger‹, fuhr er fort, ›als sich einzubilden, wie es allgemein geschieht, daß an dem Überhandnehmen böser Gesinnung ein Mangel an guter schuld sei: im Gegenteil, das Böse wächst offenbar durch das Wachsen einer falschen Güte‹ « (Musil 1981/1406).

[3] »In betreff Hegels ist es bloße Ignoranz seiner Schüler, wenn sie diese oder jene Bestimmung seines Systems aus Akkomodation und dergleichen, mit einem Wort, moralisch erklären. … Daß ein Philo-soph diese oder jene scheinbare Inkonsequenz aus dieser oder jener Akkomodation begeht, ist denkbar; er selbst mag dieses in seinem Bewußtsein haben. Allein was er nicht in seinem Bewußtsein hat, daß die Möglichkeit dieser scheinbaren Akkomodationen in einer Unzulänglichkeit oder unzulänglichen Fassung seines Prinzips selber ihre innerste Wurzel hat. Hätte also ein Philosoph sich akkomodiert: so haben seine Schüler aus seinem inneren wesentlichen Bewußtsein das zu erklären, was für ihn selbst die Form eines exoterischen Bewußtseins hatte. Auf diese Weise ist, was als Fortschritt des Gewissens erscheint, zugleich ein Fortschritt des Wissens« (Marx, MEW Erg. Bd. 1/327).

[4] Beim Operieren mit Abstraktionen ist deren Heraustrennung aus ihrem ursprünglichen Kontext sowie die Ungewißheit über ihn leicht möglich. Was zunächst als Facettierung und Parzellierung des Erkenntnisobjekts seinen Sinn hatte, als verständige Abstraktion, deren bestimmter Ort gewußt wird, wird nicht mehr sichtbar,und aus dem Logos der Gedankenverbindungen entstehen ideologische Mystifikationen, die mit verständigen Abstraktionen nichts mehr zu tun haben, sondern vielmehr das Begreifen des Gegenstandes ersetzen. Denken, das an abstrakt aufgenommenen Phänomenen der bürgerlichen Gesellschaft anknüpft, von der Herkunft seiner Begriffe absieht, »muß Unterschiede erzeugen, die in der Wirklichkeit selbst nicht sind. Der Unterschied von der Wirklichkeit, aus welcher die Abstraktionen gemacht werden, zu der Wirklichkeit, welche aufgrund der Abstraktionen entworfen wird, zeigt die Diskrepanz von Voraussetzung und Resultat des Denkens« (Pfreundschuh 1974, 151). Diese Diskrepanz zwischen den Abstraktionen einerseits, die der erscheinenden Wirklichkeit entnommen werden und sich jeweils zum Ausgangspunkt einer ganzen Theorie aufwerfen, und der erscheinenden Wirklichkeit andererseits, wird mit der Produktion von zusätzlichen Begriffen beantwortet, welche als Antwort auf, als Komplettierung oder Kontrastierung zu den ersten Begriffe dienen. Hilfskonstruktionen müssen einem Theoretisieren beispringen, das reale Abstraktionen in der Wirklichkeit unmittelbar aufnimmt und von ihnen aus denkt, aber seine Abstraktionen nicht als verquere Auffassung realer Abstraktionen denken kann. Ein den Verhältnissen entsprechendes, sie zwar reflektierendes, aber nicht wirklich denkendes Denken kann nicht unterscheiden zwischen »Gedankenabstraktionen und der abstrakten Wirklichkeit selbst, (zwischen) Denken im reinen Bewußtsein, im Geist der Verhältnis-se oder Denken als Begründung vergeisterter Verhältnisse« (Pfreundschuh 1976/1). Das Denken unterwirft sich so zusehends den Bedingungen, welche in seinen Begriffen produziert werden. Das Denken verliert so den eigenen Grund seiner gedanklichen Entwicklung, seine Problemstellung etc. Es kommt in den Sog der eigenen Abstraktionen und ihrer immanenten Folgezwänge. Die Entfremdung, die sich im bürgerlichen Denken selbst abspielt, »hat sich sowohl als Widerspruch im Prozess des Denkens selbst gezeigt als eine Selbstzerstörung der eigenen Gedankentätigkeit, wie auch in der Trennung von der Wissenschaft zu ihrem Gegenstand, durch welche sich beide in keinem Bezug zueinander entfalten, sondern den je eigenen Begründungen folgend sich aufeinander beziehen« (ebd. 1974/165). »Der Bezug von entfremdetem Denken zur materiellen Wirklichkeit kann nur dadurch konkret werden, wenn das Denken sich selbst durch die Wirklichkeit begründet begreifen kann und den Bezug auf sich selbst hierdurch aufhebt« (ebd. 166).

[5] Das Denken konstituiert nicht nur a u c h, sondern g e r a d e die Gefühle, die oft fälschlicherweise dem Denken als vermeintlich ganz Anderes gegenübergestellt werden. Vgl. zur Kritik dieser Position Dorschel 1993, Ellis 1993 (v.a. Kapitel 2, 18), Kemmler, Schelp 1988.

[6] Im einschlägigen Standardwerk »Bittere Pillen« werden 17,5% der Arzneimittel auf dem deutschen Markt als »wenig zweckmäßig« und darüber hinaus 13,6% als »abzuraten« eingestuft (Langbein, Martin, Weiss 1999/16). Lt. Stiftung Warentest ist ein Viertel der häufig verschriebenen Arzneimittel ungeeignet (Der Tagesspiegel 16.3.2000, S. 1).

[7] Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaft wird jede achte DM des privaten Konsums für das Auto und seine Benutzung ausgegeben (Der Tagesspiegel 2.3.2000, S. 23).

[8] Sie kostet den durchschnittlichen Einwohner Deutschlands 600 DM pro Jahr (Taz, 25.5.95).

[9] Abgesehen von ihrem Interesse an der Erstellung von Bauten für unnütze Produktionen und Verwal-tungen und abgesehen von ihrem Profitieren am ökologisch und ökonomisch umstrittenen Eigenheimbau verursacht die Bauwirtschaft allein durch »Pfusch am Bau« jährlich 15 Mrd. DM Baumängel, so der Leiter des Geschäftsbereichs Bau und Qualität beim TÜV Süddeutschland, Harald Spornraft (Weser Kurier Bremen 1.10.99, S.7). »Gründe für Baumängel seien immer kürzere Bauzeiten, der Preisdruck und ein Mangel an Facharbeitskräften. … Das Risiko, Opfer von teuren Bauschäden zu werden, bestehe nicht nur bei Neubauten. Bei der Modernisierung von Altbauten sei es noch wesentlich höher. ›Oft beschränken sich sogenannte Schnellsanierer darauf, die Fassaden optisch aufzupolieren, echte Bauschäden werden häufig nicht behoben, sondern nur zugekleistert‹, kritisierte Spornraft. … Rupert Springenschmid von der TU München erklärte, inzwischen werde ›schadensanfälliger‹ gebaut als in der ›guten alten Zeit‹. Für die Instandsetzung von 10-30 Jahre alten Häusern werde bereits fast so viel Geld ausgegeben wie für Häuser, die seit mehr als 89 Jahren stehen« (ebd.).

[10] Vgl. meine Artikel zur diesbezüglich perspektivweisenden angelsächsischen Diskussion um die Sozialisierung des Marktes und die partizipatorische Planung in Widerspruch Nr. 40, H.1 2001 (Zürich) und in Berliner Debatte Initial H. 3/2001

[11] Fusionieren Unternehmen, so wird viel Aufwand dafür getrieben, die Informationsbasis zu vereinheitlichen und vormals fremde Datenbestände zugänglich zu machen. Genau umgekehrt beim outsourcing: Die früher gemeinsame Information wird jetzt zum Privatbesitz des jeweiligen Unternehmens. Innerhalb des Unternehmens sollen Probleme kooperativ auf der Basis gemeinsamer Informationen bearbeitet werden. Wer aber betriebsexterne Anliegen verfolgt, sieht sich durch ein Passwort von den relevanten Informationen getrennt.

[12] Früher war es »wirtschaftlich, direkt viele verschiedene Funktionen und Tätigkeiten zu steuern und Legionen von Verwaltern und Aufpassern einzustellen, um das alles zu managen. Big was good. Aber mit der Einführung von leistungsfähigen PCs und von Breitbandnetzen – den Koordinationstechniken des 21. Jahrhunderts – ändert sich die ökonomische Gleichung. Weil viele Leute an vielen Orten die gleiche Information billig nutzen können, sinkt der Wert zentralisierter Entscheidungen und aufwendiger Bürokratien. Die Individuen können sich selbst managen, sie koordinieren ihre Tätigkeiten auf elektronischem Wege mit denen anderer und im übrigen unabhängiger Teilnehmer. Small becomes good« (Malone, Laubacher 1999/17).

[13] Die mit den Novitäten verbundene Einschüchterung hat Brecht formuliert in seinem Gedicht »Parade des alten Neuen.«

[14] So auch Luhmann: »Längere Abwesenheit von der Szene ist schon fast ausreichender Grund für erneutes Interesse.«

[15] Eine Radikalisierung erreicht dieser Trend dort, wo Theoriebruchstücke zu einer Art Schreibvideo montiert werden.

[16] »So wie ein Schwimmbad für die da ist, die schwimmen wollen, ist eine Erklärung für die da, die glauben wollen« (Brecht: Turandot oder der Kongreß der Weißwäscher).

[17] So erschöpfend diese Liste subjektiv wirken mag, so wenig vollständig ist sie. Es handelt sich um work in progress. Hinweise zu übersehenen Texten, Kritik, Anregungen usw. sind willkommen unter m.creydt@t-online.de

[18] Vgl. bspw. die Bestimmungen des Geldes, die den Arbeitsmarkt ergänzenden und unterstützenden Institutionen, die Beschränkung kurzfristig profitabler, langfristig ruinöser Ausbeutung der Arbeits-kraft durch Regelungen des Produktionsprozesses, die Schaffung gleicher Konkurrenzbedingungen für die Kapitale usw.

[19] »Ihre Entwicklungsthesen und Restriktionsanalysen lagen – aus heutiger Sicht – gar nicht so schlecht. Viele Schlußfolgerungen wurden von den damaligen Reformern später selbst gezogen. Im Gegensatz zur Zeitströmung wurde Anfang der siebziger Jahre auf die Schranken für die Planbarkeit von Politik und die politische Steuerbarkeit sozialer Prozesse hingewiesen« (Jürgens 1990/15). Darüber hinaus bestand »die Bedeutung dieser Debatte insgesamt darin, daß sie eine Grundlage lieferte, um vom ökonomischen Determinismus und Funktionalismus loszukommen. … Es gibt im Basis-Überbau-Modell keinen Platz, um nach der Form des Staates zu fragen, zu fragen, warum gesellschaftliche Verhältnisse sich zur scheinbar autonomen Form des Staates verfestigen« (Holloway 1993/16).

[20] Vgl. die bspw. nach dem Putsch in Chile 1973 diskutierten Aporien eines Reformgradualismus: Werden lukrative Schlüsselindustrien vergesellschaftet oder schon große Vermögen härter besteuert, so reagiert das Kapital. Auf Kapitalflucht, Massenentlassungen und Investitionsstop hin wird es wiederum notwendig, das Profitprinzip für einen weit größeren Bereich außer Kraft zu setzen als ursprünglich beabsichtigt. »Der Gradualismus verunmöglicht sich also selbst: Auf Grund der mit Si-cherheit einzukalkulierenden ökonomischen Reaktionen des Kapitals auf die ersten Schritte müssen die zweiten, dritten etc. Schritte gleichzeitig mit oder nach dem ersten Schritt erfolgen, soll der erste Schritt nicht wirkungslos bleiben. Analoges gilt für die politische Ebene« (Heimann, Zeuner 1974/142).

[21] Eine Asymmetrie zwischen der Ökonomie und anderen Bereichen in den Gesellschaften, in denen die kapitalistische Produktionsweise herrscht, bezieht sich auf die Reichweite, Dauer und Intensität, mit der der eine Bereich (die Ökonomie) anderen Bereichen die Voraussetzungen des eigenen Erfolgs als unumgehbares Kriterium und die eigenen Folgeprobleme als nicht vernachlässigbare Randbedingungen auch des eigenen Funktionierens vorgibt. Das Wohl und Wehe der (kapitalistischen) Ökonomie entscheidet in ganz anderem Ausmaß über das Gelingen anderer Bereiche als dies in der umgekehrter Richtung der Fall ist.